Mai 2012
Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und „regelmäßiger“ Arbeitsstätte sind nur in Höhe der Entfernungspauschale von derzeit 0,30 € je Entfernungskilometer als Werbungskosten steuerlich ansetzbar. Als regelmäßige Arbeitsstätte hat der Bundesfinanzhof (BFH) bislang auch Bildungseinrichtungen wie z. B. Universitäten angesehen, wenn diese über einen längeren Zeitraum zum Zwecke eines Vollzeitunterrichts aufgesucht werden. Fahrtkosten im Rahmen einer Ausbildung waren deshalb nicht in tatsächlicher Höhe, sondern der Höhe nach nur beschränkt abzugsfähig.
Mit zwei Urteilen vom 9.2.2012 hat der BFH jetzt entschieden, dass eine Bildungsmaßnahme regelmäßig „vorübergehend“ und nicht auf Dauer angelegt ist, auch wenn die berufliche Aus- oder Fortbildung die volle Arbeitszeit des Steuerpflichtigen in Anspruch nimmt und sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Daher können Fahrten zwischen der Wohnung und einer vollzeitig besuchten Bildungseinrichtung in voller Höhe (wie Dienstreisen) und nicht beschränkt in Höhe der Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbar sein. Betroffene können für die ersten drei Monate auch Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen steuerlich ansetzen.
In einer Entscheidung hat der BFH die Fahrtkosten einer Studentin zur Universität im Rahmen eines Zweitstudiums als vorweggenommene Werbungskosten zum Abzug zugelassen. In einem weiteren Verfahren hat er die Aufwendungen eines Zeitsoldaten für Fahrten zur Ausbildungsstätte, die im Rahmen einer vollzeitigen Berufsförderungsmaßnahme angefallen waren, ebenfalls in tatsächlicher Höhe berücksichtigt.
Anmerkung: Aufwendungen für Dienstreisen können allerdings (auch bei Inanspruchnahme der Kilometerpauschale) steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige den Fahrtaufwand tatsächlich getragen hat. Bei Anwendung der Entfernungspauschale kommt es darauf nicht an.
Ein Kind, das sich um einen Ausbildungs-/Studienplatz zum nächstmöglichen Ausbildungs-/Studienbeginn bewirbt, ist – nach Auffassung des Finanzgerichts Niedersachsen – beginnend mit dem Zeitpunkt der Bewerbung mindestens bis zum Zeitpunkt des nächstmöglichen Ausbildungs-/Studienbeginns steuerlich zu berücksichtigen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Ausbildungsstelle angetreten oder der Studienplatz angenommen wird.
Dies gilt jedenfalls so lange, wie sich die Eigenbemühungen als ernsthaft und nicht als nur zum Schein erfolgt darstellen, bzw. die nicht erfolgte Annahme einen sicheren Rückschluss auf die fehlende Ernsthaftigkeit der Bemühungen zulässt.
Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag) auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen. Die Übertragung des Freibetrages verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
In einem vor dem Bundesfinanzhof entschiedenen Fall war ein Steuerpflichtiger seit 2002 von seiner früheren Ehefrau, mit der er zwei gemeinsame Kinder hat, geschieden. Für das Streitjahr 2004 wurde er einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. In seiner Einkommensteuererklärung gab er in der Anlage „Kind“ als Adresse der Kinder die Anschrift seiner geschiedenen Frau an. Er wurde erklärungsgemäß unter Berücksichtigung von zwei Freibeträgen in Höhe von jeweils 2.904 € (1.824 € Kinderfreibetrag und 1.080 € BEA-Freibetrag) veranlagt.
Im Oktober 2005 ging beim Finanzamt eine schriftliche Mitteilung des Wohnsitzfinanzamts der geschiedenen Ehefrau ein, wonach die BEA-Freibeträge für die beiden Kinder auf die Mutter übertragen worden sind, weil die Kinder nicht in der Wohnung des Vaters gemeldet waren. Das Finanzamt änderte daraufhin die Steuerfestsetzung und berücksichtigte die BEA-Freibeträge nicht mehr beim Steuerpflichtigen.
Der BFH hat entschieden, dass der BEA-Freibetrag des Vaters auf die Mutter zu übertragen war. Er ist von der Verfassungswidrigkeit dieser Regelung nicht überzeugt.
Ehegatten, die nicht dauerhaft getrennt leben, können sich gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagen lassen, was wegen des progressiv ansteigenden Steuertarifs regelmäßig zu einer geringeren gemeinsamen Steuerschuld führt als die getrennte Veranlagung.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) befasste sich in mehreren Entscheidungen mit der Frage, ob der Steuervorteil des sog. Splittingtarifs (bzw. – im Lohnsteuerabzugsverfahren – der Steuerklassenkombination III/V) auch von gleichgeschlechtlichen Partnern, die gemeinsam in einer „eingetragenen Lebenspartnerschaft“ leben, in Anspruch genommen werden kann. Es ist zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt.
Mit Urteil vom 5.12.2011 hat der 12. Senat des FG eine solche Ausdehnung des Splittingvorteils auf eingetragene Lebenspartnerschaften abgelehnt, weil dies dem eindeutigen Gesetzeswortlaut widerspreche und ihr der klar erkennbare gesetzgeberische Wille entgegenstehe, eine derartige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften mit der Ehe eben nicht vorzunehmen. Im Ergebnis ebenfalls abschlägig beschieden hat der 4. Senat mit Beschluss vom 7.12.2011 das Anliegen zweier Lebenspartner, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf ihren Lohnsteuerkarten die günstigere Steuerklassenkombination III/V zugewiesen zu bekommen.
Der 3. Senat kam jedoch in seinen Beschlüssen vom 12.9. und vom 2.12.2011 zum gegenteiligen Ergebnis und hat im Wege der Aussetzung der Vollziehung den Lohnsteuerabzug nach der Steuerklassenkombination III/V gewährt.
Anmerkung: Gegen den Beschluss des 3. Senats vom 2.12.2011 hat die unterlegene Finanzverwaltung Beschwerde zum Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt. Mit Beschluss vom 7.12.2011 hat auch das FG Niedersachsen die Aussetzung der Vollziehung wegen der Änderung der Steuerklassen bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gewährt, jedoch die Beschwerde zum BFH zugelassen.
Alle Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung gehören zu den sonstigen Einkünften und sind steuerpflichtig. I. d. R. ist keine Einkommensteuer zu zahlen. Bezieht der Rentner bzw. sein Ehegatte außer der gesetzlichen Rente weitere Einkünfte, kann es zu einer Besteuerung der Rente kommen.
Bis 2004 waren die Renten nicht in voller Höhe, sondern nur mit dem sog. „Ertragsanteil“ steuerpflichtig. Die Höhe dieses Ertragsanteils richtet sich nach dem Lebensalter des Rentners zu Beginn der Rente. Ab 2005 wurde die Rentenbesteuerung geändert.
Voraussichtlich ab Mai 2012 werden auch die Rentner, die – obwohl sie aufgrund der Höhe der Einkünfte dazu verpflichtet wären – bisher keine Einkommensteuererklärung abgegeben haben, zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert. Dabei wird auch berücksichtigt, welche Rentenbezieher ggf. miteinander verheiratet sind und ob dadurch Einkommensteuer anfällt. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Einkommensteuer ab 2005 festgesetzt und ggf. Nachzahlungen einschließlich Zinsen anfallen.
Bitte beachten Sie! Die Einführung der Identifikationsnummer ab 1.7.2007 eröffnet der Finanzverwaltung weite Kontrollmöglichkeiten. So müssen ab dem 1.1.2005 ausgezahlte Renten durch die Rentenkasse an das Finanzamt gemeldet werden. In der Vergangenheit stellten die Finanzgerichte klar, dass die Nichtangabe von Rentenbezügen den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt!
Anmerkung: Vielfach sind die Rentner – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr in der Lage ihrer Einkommensteuerpflicht nachzukommen. Es gilt deshalb der Aufruf an die Kinder, den Eltern diese Pflicht nahe zu bringen. Beim Zweifel über die Einkommensteuerpflicht stehen wir gerne mit fachkundigem Rat zur Verfügung.
Das Finanzgericht Hamburg (FG) hält die Vorschriften über die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen, Mieten und Pachten wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes für verfassungswidrig. Es hat mit Beschluss vom 29.2.2012 dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die ab dem Jahr 2008 wesentlich geänderte gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen und Mieten mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist.
In dem zugrunde liegenden Verfahren pachtete eine Steuerpflichtige die für ihren Tankstellenbetrieb wesentlichen Wirtschaftsgüter. Die Pachtzinsen wurden im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung als Betriebsausgaben berücksichtigt und minderten den zu versteuernden Gewinn. Zur Ermittlung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage sind derartige Beträge jedoch dem Gewinn wieder hinzuzurechnen.
Nach Ansicht des FG fordert der allgemeine Gleichheitssatz im Bereich des Steuerrechts eine gleichmäßige Belastung aller Steuerpflichtigen nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, die unter Berücksichtigung des Eigentumsgrundrechts zu bestimmen ist. Erwirtschaftet der Gewerbetreibende mit seinem Betrieb einen Ertrag und wird dieser besteuert, ohne Aufwendungen – wie etwa im Streitfall die Pachtzinsen – zu berücksichtigen, ist das sogenannte Ist-Leistungsfähigkeitsprinzip verletzt.
Die 2008 in Kraft getretene Regelung, nach der die Gewerbesteuer selbst keine bei der Gewinnermittlung abziehbare Betriebsausgabe mehr ist, hält das FG hingegen trotz verfassungsrechtlicher Zweifel für anwendbar.
In einem vom Finanzgericht Niedersachsen (FG) entschiedenen Fall erwarb ein junges Bauherren-Ehepaar ein unbebautes Grundstück. Zwei Wochen nach dem notariellen Grundstücksübertragungsvertrag schloss es mit einem Bauunternehmen einen Bauvertrag über eine Doppelhaushälfte, in dem der Bauträger Umsatzsteuer auswies, die die Kläger als Endverbraucher jedoch nicht als Vorsteuer in Abzug bringen konnten. Das Finanzamt legte als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht nur den Kaufpreis für das unbebaute Grundstück, sondern auch die Bausumme für das herzustellende Gebäude zugrunde.
Das FG stellt jedoch fest, dass die Aufwendungen aus einem Bauerrichtungsvertrag (zivilrechtlich: Werkvertrag), der im Zusammenhang mit dem Erwerb eines unbebauten Grundstücks abgeschlossen wird und der für den Bauherrn eine Umsatzsteuerbelastung auslöst, nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt. Insofern sind die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Grunderwerbsteuer nicht erfüllt, denn die Vorschrift verlangt ein Rechtsgeschäft, das den „Anspruch auf Übereignung“ begründet. Diese Maßgabe erfüllt ein Bauerrichtungsvertrag nicht. Entsprechend ist Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer lediglich der Kaufpreis für das unbebaute Grundstück.
Das FG folgt damit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), nach der die Verschaffung eines Grundstücks in einem Zustand, den dieses erst künftig durch Bebauung erhalten soll, nicht wie der Erwerb eines bebauten Grundstücks durch einen einheitlichen Erwerbsvertrag erfüllt werden kann. Im Gegensatz dazu fasst der für Grunderwerbsteuer zuständige Senat regelmäßig die noch auszuführenden Bauleistungen mit Lieferungen von unbebauten Grundstücken zu „einheitlichen Leistungsgegenständen“ zusammen. Auf diese Rechtsprechung hatte sich das Finanzamt gestützt.
Anmerkung: Das FG hat die Revision mit der Anregung zugelassen, wegen der divergierenden Rechtsprechung innerhalb des BFH den Großen Senat des BFH anzurufen.
Nachzahlungs- und Aussetzungszinsen gehören zu den nicht abziehbaren Aufwendungen und mindern deshalb auch nicht die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer.
Zinsen auf erstattete Körperschaftsteuerzahlungen (sog. Erstattungszinsen) erhöhen das Einkommen der Kapitalgesellschaften. Die geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs mit Urteil vom 15.6.2010, nach der – für die Rechtslage vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 – auf die Festsetzung von Einkommensteuer entfallende Erstattungszinsen nicht der Einkommensteuer unterliegen, ist auf die Einkommensermittlung von Kapitalgesellschaften, die über keine außerbetriebliche Sphäre verfügen, nicht übertragbar.
In einem vom Bundessozialgericht (BSG) am 29.2.2012 entschiedenen Fall war eine Ehefrau seit Ende Februar 2000 alleinige Kommanditistin sowie Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG, ohne selbst im Unternehmen (Groß- und Einzelhandel im Sanitär- und Heizungsbereich) mitzuarbeiten. Dort waren neben ihrem Ehemann vier Arbeitnehmer beschäftigt. Der Ehemann war allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer und gesetzlich krankenversichert. Aus steuerlichen Gründen hielt die Ehefrau sämtliche Geschäftsanteile. Die Krankenkasse sah die Ehefrau zunächst als über den Ehemann in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert an. Sie stellte jedoch nach Überprüfung Anfang 2005 rückwirkend fest, dass dies nicht der Fall sei, weil sie seit März 2000 „hauptberuflich selbstständig erwerbstätig“ und daher von der Familienversicherung ausgeschlossen sei.
Nun haben die Richter des BSG entschieden, dass die Ehefrau familienversichert war, da sie nicht aktiv im Unternehmen mitarbeitet, sondern ausschließlich die mit ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung als Kommanditistin der GmbH & Co KG und als Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH verbundenen Pflichten wahrnahm.
Nach Auffassung der Richter führt dies nicht schon zum Ausschluss von der Familienversicherung. Die Herleitung einer sozialrechtlich relevanten (hauptberuflichen) Tätigkeit allein aus der selbstständigen Ausübung berücksichtigt nicht, dass es vorliegend nicht um die Abgrenzung zwischen Selbstständigkeit und Beschäftigung geht, sondern darum, ob überhaupt eine sozialversicherungsrechtlich relevante „Tätigkeit“ ausgeübt wurde. Selbst wenn man von einer solchen Tätigkeit der Ehefrau ausginge, übte sie diese jedenfalls nicht hauptberuflich aus.
Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteilen vom 18.1.2011 und vom 7.10.2011 entschieden, dass bei einer Betriebsprüfung des Rentenversicherungsträgers keine Sachverhalte aufgegriffen werden können, die im Prüfzeitraum einer bereits abgeschlossenen vorangegangenen Prüfung liegen.
Ein bestandskräftiger Bescheid des die Betriebsprüfung durchführenden Rentenversicherungsträgers über einen konkreten Prüfzeitraum verhindert danach eine Nachforderung für den gleichen Zeitraum durch einen späteren Prüfbescheid, sofern der bestandskräftige Bescheid nicht zurückgenommen wird.
Nach Auffassung der Spitzenverbände der Sozialversicherungen steht diese Entscheidung jedoch im Widerspruch zur Beitragsverfahrensverordnung, wonach die Prüfung der Aufzeichnungen auf Stichproben beschränkt werden kann, und zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Wirkung von Stichprobenprüfungen.
Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Prüfbehörden bei Arbeitgeberprüfungen selbst in kleinen Betrieben zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten nicht verpflichtet sind. Dies gilt gleichermaßen für die beitragsrechtliche Beurteilung von Arbeitsentgelten.
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung stellen daher fest, dass die Entscheidungen des Bayerischen LSG keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben und ihnen in grundsätzlicher Hinsicht nicht zu folgen ist. Für bereits geprüfte Zeiträume ist eine sozialversicherungsrechtliche Auswertung z. B. in den Fällen nicht ausgeschlossen, in denen Lohnsteuerprüfberichte bzw. Lohnsteuerhaftungsbescheide oder anderweitige Fallkonstellationen in die geprüften Zeiträume hineinreichen.
Die Richter des Bundessozialgerichts haben in zwei Urteilen vom 5.4.2012 entschieden, dass steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit bei der Bemessung des Elterngeldes nicht zu berücksichtigen sind.
Im ersten Fall hatte ein Vater zusätzlich zu seinem Gehalt steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit bezogen. Im zweiten Fall war eine Mutter vor der Geburt als Krankenschwester beschäftigt und erhielt ebenfalls Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit. Diese Zuschläge wurden jeweils bei der Berechnung des Elterngeldes nicht berücksichtigt.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG) hat in seinem Urteil vom 7.2.2012 die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung einer Reinigungskraft für unwirksam erklärt.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Unternehmen hatte Umstrukturierungsmaßnahmen vorgenommen und dabei unter anderem die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Reinigungsarbeiten nicht mehr durch eigene Kräfte durchzuführen, sondern diese per Fremdvergabe auszulagern. Gegenüber den Reinigungskräften, die tarifvertraglich ordentlich nicht mehr kündbar waren, wurde daraufhin eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen.
Die Richter des LAG haben den Arbeitgeber nicht für berechtigt gehalten, das Arbeitsverhältnis der Reinigungskraft durch außerordentliche Kündigung zu beenden. Er könne sich – ebenso wie bei anderen Verträgen – nicht ohne Weiteres von seiner Vertragsbindung gegenüber dem Arbeitnehmer lossagen, sondern müsse die ordentliche Unkündbarkeit der Reinigungskraft bereits bei der Erstellung seines unternehmerischen Konzepts in Rechnung stellen. Umstände, dass die Auslagerung der Reinigungsarbeiten auf Dritte unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten unumgänglich gewesen sei, habe der Arbeitgeber nicht vorgetragen. (Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.)
Will ein Arbeitnehmer Ansprüche auf Entschädigung oder Schadensersatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz geltend machen, so muss er dafür die Zweimonatsfrist einhalten. Die Frist ist wirksam und begegnet nach europäischem Recht keinen Bedenken. Bei Ablehnung einer Bewerbung beginnt die Frist in dem Moment zu laufen, in dem der Bewerber von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
In einem Fall aus der Praxis wurden Mitte 2008 drei Stellen an einer Justizvollzugsanstalt ausgeschrieben. Ein Bewerber wies in seiner Bewerbung auf seine anerkannte Schwerbehinderteneigenschaft hin. Am 2.9.2008 erhielt er eine mit dem 29.8.2008 datierte Absage. Mit seinem Schreiben (Posteingang war der 4.11.2008) meldete der Bewerber Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche an, weil er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war.
Die Richter des Bundesarbeitsgerichts lehnten dies jedoch ab, da der Bewerber die Zweimonatsfrist nicht beachtet hatte. Denn mit Erhalt des Ablehnungsschreibens hatte er Kenntnis von den Indizien seiner Benachteiligung, da er bei der Bewerbung auf seine Schwerbehinderung hingewiesen hatte und er abgelehnt worden war, ohne zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein.
Das Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers ist verletzt, wenn ein Arbeitgeber persönliche Daten und Fotos ausgeschiedener Arbeitnehmer weiter auf seiner Homepage präsentiert. Der betroffene Arbeitnehmer kann deren Löschung im Wege der einstweiligen Verfügung verlangen. Eine Veröffentlichung nach Ende des Arbeitsverhältnisses greift unberechtigt in das Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers ein.
Aufgrund europäischer Vorgaben ergibt sich im deutschen Passrecht eine wichtige Änderung: Ab dem 26.6.2012 sind Kindereinträge im Reisepass der Eltern ungültig und berechtigen das Kind nicht mehr zum Grenzübertritt. Somit müssen ab diesem Tag alle Kinder (ab Geburt) bei Reisen ins Ausland über ein eigenes Reisedokument verfügen. Für die Eltern als Passinhaber bleibt das Dokument dagegen uneingeschränkt gültig.
Es ist daher empfehlenswert, dass betroffene Eltern, bei geplanten Auslandsreisen, rechtzeitig neue Reisedokumente für die Kinder bei ihrer zuständigen Passbehörde beantragen. Als Reisedokumente für Kinder stehen Kinderreisepässe, Reisepässe und – je nach Reiseziel – Personalausweise zur Verfügung.
Die SEPA-Überweisung gibt es seit Anfang 2008. Sie ermöglicht neben der nationalen auch grenzüberschreitende Überweisungen. Am 1.11.2009 fiel – anknüpfend an die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie – der Startschuss für die SEPA-Lastschrift. Sie ermöglicht neben rein inländischen auch grenzüberschreitende Lastschrifteinzüge. Ende Februar 2012 hat nun auch der EU-Ministerrat den Regelungen zur Umsetzung eines europäischen Zahlungsraums zugestimmt, sodass ab dem 1.2.2014 alle Überweisungen und Lastschriften nach dem SEPA-Verfahren abgewickelt werden müssen.
Nach altem Recht erhielten Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren, das gemeinsame Sorgerecht nur, wenn sie heirateten oder sich übereinstimmend für die gemeinsame Sorge entschieden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah darin einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Grundrechte.
Die geplante Neuregelung ermöglicht die gemeinsame Sorge immer dann, wenn das Wohl des Kindes nicht entgegensteht. Um zügig Klarheit über die Sorgerechtsfrage zu ermöglichen, findet das normale familiengerichtliche Verfahren nur statt, wenn tatsächlich Kindeswohlfragen zu klären sind. Geplant ist folgendes abgestufte Verfahren:
Erklärt die Mutter nicht von selbst ihr Einverständnis mit der gemeinsamen Sorge, hat der Vater die Möglichkeit, zunächst zum Jugendamt zu gehen, um doch noch eine Einigung mit der Mutter zu erreichen.
Der Vater kann aber auch jederzeit das Familiengericht anrufen, entweder direkt oder dann, wenn sich herausstellt, dass die Mutter sich beim Jugendamt nicht mit einer gemeinsamen Sorge einverstanden erklärt oder sich nicht äußert.
Im gerichtlichen Verfahren erhält die Mutter Gelegenheit zur Stellungnahme zum Antrag des Vaters. Die Frist dafür endet frühestens sechs Wochen nach der Geburt.
Das Familiengericht entscheidet in einem beschleunigten und im schriftlichen Verfahren – ohne persönliche Anhörung der Eltern -, wenn die Mutter entweder gar nicht Stellung nimmt oder sich zwar äußert, aber keine potenziell kindeswohlrelevanten Gründe vorträgt, und wenn derartige Gründe dem Gericht auch sonst nicht bekannt geworden sind. Diese Vorschrift trägt gleichzeitig einer rechtstatsächlichen Untersuchung Rechnung, wonach es in vielen Fällen gar nicht um das Kindeswohl geht, wenn Mütter die gemeinsame Sorge ablehnen.
Das Familiengericht spricht dem Vater das Sorgerecht zu, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht (negative Kindeswohlprüfung).
Die Länder haben in ihrer Plenarsitzung am 30.3.2012 den neuen Regeln zur Verkürzung der Kündigungsfristen in den Bereichen Strom und Gas mit Auflagen zugestimmt. Sie wollen bei einseitigen Änderungen von Vertragsbedingungen auch für Kunden in der Grundversorgung ein fristloses Kündigungsrecht sicherstellen. Zudem setzen sie sich für einen verbesserten Datenschutz der Kunden ein, indem sie deren Offenbarungspflichten beschränken.
Mit einer begleitenden Entschließung möchte der Bundesrat zusätzlich erreichen, dass die Strom- und Gaslieferanten ihren Kunden in Veröffentlichungen Informationen über die zentralen Bestandteile ihrer Tarife und Vertragsbedingungen zur Verfügung stellen müssen. Hierbei seien standardisierte Begriffe und Definitionen zu verwenden.
Mit der Verordnung verkürzt die Bundesregierung die bisher geltenden Kündigungsfristen für die sogenannten Grundversorgungsverträge in den Bereichen Strom und Gas auf zwei Wochen. Verbraucher werden damit in die Lage versetzt, kurzfristig ihren Strom- oder Gasanbieter zu wechseln und günstigere Angebote einzelner Anbieter schneller zu nutzen.