September 2011
Der elektronische Entgeltnachweis (ELENA) soll nach dem Willen der Bundesregierung nunmehr endgültig eingestellt werden. Stimmen aus der Fachwelt hatten schon während des Gesetzgebungsverfahrens erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an dieser Art von Vorratsdatenspeicherung geäußert.
Mit dem ELENA-Verfahren werden bislang alle Arbeitgeber monatlich verpflichtet, neben den Meldungen für die Lohnsteuer und zu den Trägern der Sozialversicherung eine Vielzahl weiterer, auch persönlicher Daten elektronisch mitzuteilen. Ob diese Zahlen jemals für einen Zweck benötigt werden, war ohne Bedeutung. Hierdurch sollte – ohne konkreten Bezug auf den Einzelfall – einer der größten Datenspeicher der Bundesrepublik Deutschland aufgebaut werden.
Neben den erheblichen wirtschaftlichen Fragen, ob sich der Aufwand jemals lohnen würde, bestehen unvermindert auch erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verfahrens. Dies belegen nicht zuletzt die unzähligen Verfassungsbeschwerden, die gegen „ELENA“ in Karlsruhe zwischenzeitlich eingelegt wurden.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat bereits einen Gesetzentwurf zur Aufhebung des ELENA-Verfahrens vorbereitet und dem Parlament vorgelegt. Das Gesetz soll noch im Laufe dieses Jahres verabschiedet werden.
Anmerkung: Grundsätzlich wird empfohlen, die Entgelte zunächst weiterhin monatlich zu melden. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales will ein Konzept erarbeiten, wie die bereits bestehende Infrastruktur des ELENA-Verfahrens und das erworbene Know-how für ein einfacheres und unbürokratisches Meldeverfahren in der Sozialversicherung genutzt werden können.
Bitte beachten Sie! Die Abschaffung von ELENA hat keine Auswirkungen auf das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerkarte bzw. der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM). Die „elektronische Lohnsteuerkarte“ ist davon nicht betroffen. Hier gilt also weiterhin der Starttermin Januar 2012.
Mit zwei Urteilen vom 21.7.2011 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Festsetzung des Solidaritätszuschlags zur Einkommen- und Körperschaftsteuer bis zum Jahr 2007 verfassungsgemäß war.
Auch nach einer Laufzeit von bis dahin 13 Jahren – so der BFH – diene er noch zur Deckung des besonderen Finanzbedarfs des Bundes aus den Kosten der Wiederherstellung der deutschen Einheit. Zu einem dauerhaften Instrument der Steuerumverteilung dürfe der Solidaritätszuschlag allerdings nicht werden.
Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens können außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Außergewöhnliche Belastungen sind dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehende größere Aufwendungen, die über die der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands entstehenden Kosten hinausgehen. Kosten eines Zivilprozesses hatte die Rechtsprechung bisher nur ausnahmsweise bei Rechtsstreiten mit existenzieller Bedeutung für den Steuerpflichtigen als außergewöhnliche Belastung anerkannt.
Unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof (BFH) nunmehr die enge Gesetzesauslegung aufgegeben und mit Urteil vom 12.5.2011 entschieden, dass die Kosten eines Zivilprozesses unabhängig von dessen Gegenstand bei der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können.
Steuerlich ansetzbar sind nach Auffassung des BFH derartige Aufwendungen allerdings nur, wenn die Prozessführung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Davon ist auszugehen, wenn der Erfolg des Zivilprozesses mindestens ebenso wahrscheinlich wie ein Misserfolg ist. Zivilprozesskosten sind auch nur insoweit abziehbar, als sie notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten. Etwaige Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung sind im Rahmen der Vorteilsanrechnung zu berücksichtigen.
Anmerkung: Bei Ausarbeitung dieses Informationsschreibens lag eine Stellungnahme der Finanzverwaltung zu diesem Urteil noch nicht vor. Diese bleibt noch abzuwarten.
Mit Schreiben vom 1.4.2011 hat das Bundesfinanzministerium zur Neuregelung bei der Überlassung eines betrieblichen Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Stellung genommen und Regelungen für den Arbeitnehmerbereich getroffen.
Danach kommt die Zuschlagsregelung von 0,03 % des Listenpreises je Entfernungskilometer pro Monat nur insoweit zur Anwendung, wie der Arbeitnehmer den Pkw tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte nutzt. Zur Ermittlung des Zuschlags ist eine Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer vorzunehmen.
Das Finanzministerium Schleswig-Holstein weist nunmehr ausdrücklich darauf hin, dass die für den Arbeitnehmerbereich getroffenen Regelungen nicht auch für den Unternehmer gelten. Die derzeitige Rechtsprechung betrifft ausschließlich Arbeitnehmerfälle und ist nicht auf den betrieblichen Bereich übertragbar. Bei Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs durch den Unternehmer für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte ist weiterhin ein pauschaler Zuschlag i. H. v. 0,03 % des Listenpreises anzusetzen.
Anmerkung: Inwieweit diese „Ungleichbehandlung“ auf Dauer standhalten wird, bleibt abzuwarten. Unter Umständen muss auch hierzu eine gerichtliche Klärung herbeigeführt werden, wenn die Finanzverwaltung vorher nicht einlenkt.
Das Niedersächsische Finanzgericht hat mit Urteil vom 5.5.2011 entschieden, dass die Aufgabe der Investitionsabsicht nach Erlass des Steuerbescheides, in dem ein Investitionsabzugsbetrag berücksichtigt wurde, ein rückwirkendes Ereignis im Sinne der Abgabenordnung darstellt.
Damit beginnt der Zinslauf für den steuerlichen Unterschiedsbetrag, der sich aus der Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrages im Ausgangsjahr ergibt, nicht schon 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Abzugsbetrag geltend gemacht wurde, sondern erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist.
Dies hat zur Folge, dass eine Vollverzinsung – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – faktisch entfällt. Auch zahlreiche Stimmen der Fachliteratur gehen davon aus, dass Steuerpflichtige nach derzeitigem Gesetzeswortlaut keine rückwirkende Verzinsung bei unterlassener Investition befürchten müssen. Diese Problematik muss mittelfristig noch höchstrichterlich geklärt werden. Bis dahin sollten Zinsfestsetzungen bei geänderten Steuerbescheiden wegen ausgebliebener Investition nicht bestandskräftig gelassen werden.
Mit dem Jahressteuergesetz 2009 hat der Gesetzgeber – bisher weitgehend unbemerkt – das sog. Verzögerungsgeld eingeführt. Es beträgt mindestens 2.500 € und höchstens 250.000 € und kann u. a. festgesetzt werden, wenn der Steuerpflichtige bei einer Außenprüfung nicht innerhalb einer angemessenen Frist Auskünfte erteilt oder Unterlagen vorlegt.
Ursprünglich stand die Einführung des Verzögerungsgeldes im Zusammenhang mit der seit 2009 eingeräumten Befugnis, die Buchführung eines Unternehmens in das Ausland zu verlagern. Um einer evtl. erforderlichen Rückverlagerung der Buchführung in das Inland Nachdruck zu verleihen, wurde das Verzögerungsgeld eingeführt. Der Gesetzgeber hat es aber nicht bei dieser Regelung belassen, sondern diese Sanktionsmaßnahme auch auf die verzögerte Mitwirkung im Rahmen einer Außenprüfung erstreckt.
Der Finanzverwaltung steht damit neben der auch weiter bestehenden Möglichkeit zur Verhängung eines Zwangsgelds ein durchaus scharfes Sanktionsinstrument zur Verfügung, vergleicht man etwa die Höhe des Verzögerungsgelds von mindestens 2.500 € bis zu 250.000 € mit der Höhe des Zwangsgeldes, das höchstens 25.000 € betragen darf. Zudem ist das Verzögerungsgeld anders als das Zwangsgeld auch dann zu zahlen, wenn der Steuerpflichtige seiner Verpflichtung nach dessen Festsetzung doch noch nachkommt.
Mit Beschluss vom 16.7.2011 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein Verzögerungsgeld verhängt werden kann, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen einer Außenprüfung nicht fristgerecht nachkommt. Werden angeforderte Unterlagen auch nach der Festsetzung der Sanktionsmaßnahme nicht vorgelegt, darf allerdings wegen derselben Unterlagen nicht noch einmal ein Verzögerungsgeld festgesetzt werden. Die erneute Festsetzung wegen derselben Unterlagen sei rechtswidrig.
In der Regel sind ärztliche Leistungen – also Leistungen, die der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten dienen – von der Umsatzsteuer befreit. Leistungen, die diese Kriterien nicht erfüllen, unterliegen dagegen der Umsatzsteuer.
Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe hat in einer Verfügung vom 5.4.2011 einen umfangreichen Katalog ärztlicher Leistungen (download) aufgestellt, in dem sie aufzeigt, welche Leistungen umsatzsteuerbefreit und welche umsatzsteuerpflichtig sind. Den Schwerpunkt bilden Leistungen, die im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer als „kritisch“ eingestuft werden, wie z. B. ärztliche Gutachten, Berufsuntauglichkeitsuntersuchungen und Ähnliches.
Anmerkung: Sollten neben steuerbefreiten Arztleistungen auch noch andere steuerpflichtige Umsätze erbracht werden, kann unter weiteren Voraussetzungen bei Umsätzen bis 17.500 € im Kalenderjahr die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen werden. Bitte lassen Sie sich im Bedarfsfalle beraten.
Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, so lange und so weit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen. Dabei wird der Betreuungsunterhalt vor allem im Interesse des Kindes gewährt, um dessen Betreuung und Erziehung sicherzustellen.
Zugleich hat der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt. Kind- und elternbezogene Umstände, die aus Gründen der Billigkeit zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus führen können, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
Die gesetzliche Neuregelung verlangt zwar keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit. Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kind- und elternbezogenen Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich. Ein solcher gestufter Übergang setzt aber voraus, dass der unterhaltsberechtigte Elternteil kind- und/oder elternbezogene Gründe vorträgt, die einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils mit Vollendung des dritten Lebensjahres entgegenstehen. Nur an solchen individuellen Gründen kann sich der gestufte Übergang im Einzelfall orientieren.
Soweit in Rechtsprechung und Literatur auch zu der seit dem 1.1.2008 geltenden Rechtslage abweichende Auffassungen vertreten werden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpfen und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein oder überwiegend vom Kindesalter abhängig machen, sind diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar. Die kindbezogenen Verlängerungsgründe, insbesondere die Betreuungsbedürftigkeit, und die elternbezogenen Verlängerungsgründe als Ausdruck der nachehelichen Solidarität sind vielmehr nach den individuellen Verhältnissen zu ermitteln.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 29.6.2011 eine Entscheidung zum Ausschluss des Rechts zum Rücktritt vom Kaufvertrag bei Unerheblichkeit eines Sachmangels getroffen.
Folgender Sachverhalt lag den Richtern des BGH zur Entscheidung vor: Der Kläger kaufte Mitte 2006 von einem Händler ein Wohnmobil zum Preis von ca. 134.000 €, welches nach Übergabe vier Mal in der Werkstatt des Händlers nachgebessert werden musste. Nach dem letzten Werkstattaufenthalt erklärte der Käufer im Juni 2007 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Kosten zur Beseitigung der noch vorliegenden Mängel lagen bei knapp 1 % des Kaufpreises. Der BGH hatte nun zu entscheiden, ob das Rücktrittsrecht wegen Unerheblichkeit des Sachmangels ausgeschlossen ist.
Mit seinem Urteil hat der BGH seine Rechtsprechung bekräftigt, dass Sachmängel, deren Beseitigung Aufwendungen von lediglich knapp einem Prozent des Kaufpreises erfordern, als unerheblich einzustufen sind und daher einen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht rechtfertigen. Dies gilt auch für ein Fahrzeug der „Luxusklasse“. Auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung kommt es nur dann entscheidend an, wenn der Mangel nicht oder nur mit hohen Kosten behebbar oder die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungeklärt ist. Unerheblich ist ferner, dass der Kaufgegenstand vor der Erklärung des Rücktritts bereits mehrfach nachgebessert wurde. Die Erheblichkeit eines bestehenden Mangels hat nichts damit zu tun, in welchem Umfang der Verkäufer zuvor andere Mängel beseitigt hat.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Verkauf beweglicher Sachen durch eine GmbH im Zweifel zum Betrieb des Handelsgewerbes der GmbH gehört und damit, auch soweit es sich um branchenfremde Nebengeschäfte handelt, unter die Bestimmungen zum Verbrauchsgüterkauf fällt. Es ist nicht erforderlich, dass der Geschäftszweck der Handelsgesellschaft auf den Verkauf von Gegenständen gerichtet ist.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2006 kaufte ein Autofahrer von einer im Bereich der Drucktechnik tätigen GmbH, unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung, einen gebrauchten Pkw zum Preis von 7.540 €. Nach Übergabe und Bezahlung des Fahrzeugs erklärte der Käufer mit Anwaltsschreiben im Januar 2007 die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung mit der Begründung, die GmbH habe ein Klappergeräusch im Motorbereich verschwiegen. Das Unternehmen erwiderte, das Fahrzeug sei zum Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei gewesen, wies die Anfechtung zurück und lehnte die Rückabwicklung des Kaufvertrags ab. Ein Gewährleistungsausschluss ist dem Verkäufer bei einem Verbrauchsgüterkaufvertrag jedoch verwehrt.
Der Käufer hatte trotzdem das Nachsehen, da er der GmbH keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte.
Ein Kreditinstitut darf einen Kredit, der insgesamt 750 000 € oder 10 % des haftenden Eigenkapitals des Instituts überschreitet, nur gewähren, wenn es sich von dem Kreditnehmer die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere durch Vorlage der Jahresabschlüsse, offen legen lässt.
Legt ein Kreditnehmer, aufgrund einer Vorlageaufforderung mit Fristsetzung und Kündigungsandrohung, die geforderten Unterlagen jedoch nicht vor, ist das Kreditinstitut berechtigt, das Kreditverhältnis aus wichtigem Grund zu kündigen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass zusätzlich ein Kontensollsaldo oder eine unregelmäßige Erfüllung der Tilgungsleistungen vorliegen muss.
Die Entfernung vermögensloser Handelsgesellschaften aus dem Handelsregister liegt im öffentlichen Interesse. In allen Fällen, in denen ein Aktivvermögen nicht mehr vorhanden ist, besteht die Gesellschaft nur „auf dem Papier“. Die Löschung erscheint dann unbedenklich. Voraussetzung für die Löschung einer Gesellschaft ist ihre Vermögenslosigkeit im Zeitpunkt der Löschungsanordnung. Wegen der schwerwiegenden Folgen der Löschung sind die tatsächlichen Umstände, aus denen auf die Vermögenslosigkeit geschlossen werden kann, besonders genau und gewissenhaft zu prüfen und festzustellen.
Seine Überzeugung von der Vermögenslosigkeit einer Gesellschaft kann das Gericht nicht etwa auf unterlassene Darlegung des Geschäftsführers stützen. Vielmehr muss diese Überzeugung auf ausreichender Ermittlung des Registergerichts und positiver Feststellung im Einzelfall beruhen.
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist der Moment der Löschungsandrohung. Vermögenslosigkeit ist gegeben, wenn die Gesellschaft über keine Vermögenswerte verfügt, die für eine Gläubigerbefriedigung oder eine Verteilung unter die Gesellschaft in Betracht kommen. Auch wenn sie nur ein verschwindend geringes Vermögen besitzt, darf eine Gesellschaft nicht gelöscht werden. So haben die Richter des Oberlandesgerichts Düsseldorf in einem Urteil entschieden, dass ein Guthaben von mehr als 3.000 € auf dem Konto der Gesellschaft Vermögen darstellt.
Schlägt ein Erbe auf der Grundlage ungenauer zeitfremder Informationen die Erbschaft aus, weil er „befürchtet, dass da nur Schulden sind“, so kann er, wenn sich später die Werthaltigkeit des Nachlasses herausstellt, seine Ausschlagungserklärung nicht wegen Irrtums anfechten.
So hat sich der Erbe zu informieren, um welche Größenordnung es sich bei dem Nachlass tatsächlich handelt, um sodann zu entscheiden, ob er die Erbschaft annehmen oder ausschlagen sollte. Ergibt die Auslegung der Ausschlagungserklärung, dass dem Erben die etwaige Höhe seines erbrechtlichen Erwerbs gleichgültig war, so kann er sie nicht wegen irrtümlich angenommener Überschuldung anfechten.
Die ist z. B. der Fall, wenn eine zur Begründung der Anfechtung gegebene Erklärung, er habe „befürchtet, dass da nur Schulden sind“, nur den Schluss zulässt, dass er seine Entscheidung, die Erbschaft auszuschlagen, anhand von Spekulationen darüber getroffen hat, ob der Antritt der Erbschaft sich wohl „lohne“.
Anmerkung: Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch kann die Ausschlagung eines Erbes nur binnen sechs Wochen erfolgen. Aufgrund dieser kurzen Frist ist es dringend ratsam, im Falle einer Erbschaft rechtlichen Rat einzuholen und sich über die Erbschaft genau zu informieren.
Wer einen Arbeitsvertrag allein zur Absicherung gegen Krankheit abschließt, handelt rechtmissbräuchlich und wird nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse.
In einem vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt entschiedenen Fall war die nicht krankenversicherte Tochter als einzige Beschäftigte im maroden Imbissbetrieb ihres Vaters angestellt worden. Schon nach wenigen Wochen musste sie wegen einer schweren psychischen Krankheit stationär behandelt werden und ist seither arbeitsunfähig. Die Krankenkasse lehnte ein Versicherungsverhältnis ab.
Die Richter des Landessozialgerichts sind von einem Scheinarbeitsverhältnis ausgegangen, das allein zur Absicherung gegen Krankheit geschlossen wurde. Eine Arbeitsleistung habe die Tochter nicht erbracht, es sei auch für sie keine Ersatzkraft eingestellt worden. Umsätze hätte der Betrieb wohl nicht gemacht. Die geringe Lohnhöhe sowie die Aushändigung in bar in der Klinik entsprächen nicht einem üblichen Arbeitsverhältnis. Die Krankheit dürfte schon bei Vertragsabschluss bekannt gewesen sein. Medizinische Ermittlungen durch das Gericht wurden von der Klägerin aber verweigert.
In einem vom Landesarbeitsgericht Mainz (LAG) entschiedenen Fall war ein Arbeitnehmer seit 1992 in einem Hotelrestaurant als Kellner beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag bestand nicht. Im Zuge eines Betriebsübergangs wurde das Hotel 2009 übernommen. Bis zu dem Zeitpunkt war der Kellner berechtigt, bei den Gästen zu kassieren und das Trinkgeld zu behalten. Er erzielte nach seinen Angaben Trinkgelder von nicht unter 500 € monatlich. Am 21.2.2010 erteilte ihm sein neuer Arbeitgeber die Anweisung, dass er ab sofort nicht mehr bei den Gästen kassieren dürfe, sondern nur noch die Geschäftsleitung.
Das Trinkgeld solle nunmehr in einem Geldbeutel gesammelt und dann gleichmäßig unter dem Personal aufgeteilt werden. Hiermit war der Kellner nicht einverstanden. Der Arbeitgeber erteilte ihm wegen Verstößen gegen die neue Regelung am 24.2.2010 und am 25.2.2010 eine schriftliche Abmahnung. Mit Schreiben vom 13.3.2010 und nochmals vom 30.3.2010 kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Die Richter des LAG hatten nun zu entscheiden, ob diese Abmahnungen bzw. die Kündigungen berechtigt waren. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber berechtigt, gegenüber allen Arbeitnehmern Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Das Weisungsrecht ermöglicht dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer bestimmte Aufgaben zuzuweisen oder auch zu entziehen.
Das LAG hat in dem o. g. Fall entschieden, dass der Arbeitgeber dem Kellner nicht verbieten durfte, bei den von ihm bedienten Kunden selbst zu kassieren und das ihm gegebene Trinkgeld zu behalten. Bei einem Trinkgeld handelt es sich um einen Geldbetrag, den ein Dritter ohne rechtliche Verpflichtung dem Arbeitnehmer zusätzlich zu einer dem Arbeitgeber geschuldeten Leistung zahlt. Erhält das Bedienungspersonal vom Gast neben dem Rechnungsbetrag freiwillig ein Trinkgeld, so steht ihm dieses unmittelbar zu. Der Arbeitgeber ist deshalb nicht berechtigt, einseitig zu bestimmen, dass das Trinkgeld von der Geschäftsleitung zu kassieren und anschließend unter dem Personal zu verteilen ist.