August 2023
Tausend Wege führen zum Irrtum, ein einziger zur Wahrheit.
Jean-Jacques Rousseau; 1712 – 1778, französischer Schriftsteller und Philosoph
August 2023
Erst im Februar 2022 fällte der Bundesfinanzhof (BFH) ein Urteil über die Berücksichtigung von freiwilligen Umsatzsteuer-Vorauszahlungen innerhalb des 10-Tages-Zeitraums bei Einnahmen-Überschuss-Rechnungen. Am 13.12. folgte dann das nächste Urteil zu der Thematik.
Ein Steuerpflichtiger zahlte am 6.1. die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den vergangenen Dezember. Da ihm eine Dauerfristverlängerung gewährt wurde, verschiebt sich die Fälligkeit auf den 10.2. Die geleistete Zahlung setzte er gewinnmindernd in der Gewinnermittlung des Vorjahres an. Das Finanzamt erkannte die Zahlung erst als Betriebsausgabe für das Jahr der tatsächlichen Zahlung an. Diese Herangehensweise begründete es mit der durch die Dauerfristverlängerung verschobenen Fälligkeit der Zahlung.
Der BFH stimmte dieser Vorgehensweise zu. Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember des Vorjahres, die zwar innerhalb des maßgeblichen 10-Tages-Zeitraums geleistet wurde, aber wegen einer Dauerfristverlängerung erst danach fällig wird, ist bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung erst im Jahr des Abflusses als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.
Vor dem 1.1.2023 wurden Photovoltaikanlagen, die sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke genutzt wurden, regelmäßig dem Unternehmensvermögen zugeordnet. Betreiber konnten die Vorsteuer aus dem Kauf der Anlage abziehen, mussten aber sowohl den verkauften Strom als auch den selbst genutzten Strom versteuern. Mit der Einführung des Nullsteuersatzes zum 1.1.2023 können Betreiber nun die Photovoltaikanlage steuerfrei aus dem Unternehmensvermögen entnehmen und müssen selbst genutzten Strom nicht mehr versteuern.
Die Finanzverwaltung in NRW hat dazu unter Hinweis auf das Bundesministerium für Finanzen Stellung bezogen. Eine Entnahme der gesamten Photovoltaikanlage ist nur möglich, wenn voraussichtlich mehr als 90 % der Anlage für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Wird ein Teil des erzeugten Stroms zum Laden eines Privatfahrzeugs, dem Betrieb einer Wärmepumpe oder dem Laden einer Batterie (nicht inbegriffen tragbare Batterien und Powerbanks) verwendet, wird aus Vereinfachungsgründen davon ausgegangen, dass die Anlage mehr als 90 % für nichtunternehmerische Zwecke genutzt wird. Diese Regelung gilt selbst dann, wenn mehr als 10 % des Stroms nach Entnahme tatsächlich weiter veräußert wird.
Sind die Bedingungen für die Entnahme erfüllt, kann diese dem Nullsteuersatz unterworfen werden. Die Entnahme kann entweder in der Voranmeldung, in der Jahressteuererklärung oder schriftlich gegenüber dem zuständigen Finanzamt erklärt werden. Es ist keine Vorsteuerberichtigung erforderlich und der ursprünglich in Anspruch genommene Vorsteuerabzug kann nicht rückwirkend verweigert werden.
Auch nach der Entnahme der Photovoltaikanlage ist die Lieferung von Strom an den Netzbetreiber eine unternehmerische Tätigkeit und grundsätzlich steuerpflichtig. Bei Anwendung der Kleinunternehmerregelung wird diese Steuer nicht erhoben. Wenn der Betreiber beim Kauf der Anlage auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet hat, ist er für fünf Jahre an die Steuerpflicht gebunden.
Am 1.9.2022 erließ der Bundesfinanzhof (BFH) ein Urteil zum Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht bei gewerblichen Grundstückshändlern. In dem Fall, den der BFH entschied, ging es um eine KG, deren Gesellschaftszweck der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Immobilien, Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ist. Für das erste Wirtschaftsjahr wurde die Gewerbesteuererklärung eingereicht, die einen Verlust aus Gewerbebetrieb auswies. Den damit verbundenen Antrag auf vortragsfähige Verlustfeststellung lehnte das Finanzamt allerdings ab. Bloße Vorbereitungshandlungen würden noch keine Gewerbesteuerpflicht begründen, da noch keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr stattfinden würde. Ohne Gewerbesteuerpflicht können keine vortragsfähigen Gewerbeverluste festgestellt werden.
Über das Merkmal des Beginns der sachlichen Gewerbesteuerpflicht ist selbstständig im Verlustfeststellungsverfahren zu entscheiden, stellte der BFH zunächst grundsätzlich dar. Bei gewerblichen Grundstückshändlern beginnt die sachliche Gewerbesteuerpflicht frühestens mit dem Abschluss eines (wirksamen) Kaufvertrags über eine erste Immobilie, denn erst hierdurch wird der Händler in die Lage versetzt, seine Leistung am Markt anzubieten.
In Abgrenzung dazu gehört bei Unternehmen, deren Tätigkeit auf die Veräußerung von Waren gerichtet ist, bereits der gesamte Herstellungsprozess zum Gewerbebetrieb. Von einer sachlichen Gewerbesteuerpflicht ist daher bereits zum Zeitpunkt auszugehen, in dem der Händler mit den Einkaufsaktivitäten beginnt.
Im Urteil vom 25.10.2022 entschied der Bundesfinanzhof (BFH), ob und in welcher Höhe die Rückzahlung eines unter dem Nominalwert erworbenen Anspruchs auf Auszahlung eines Körperschaftsteuerguthabens zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt.
Ein Ehepaar wurde gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann schloss mit einer GmbH, an der er nicht beteiligt war, einen Kaufvertrag. Es wurden drei Ansprüche auf Auszahlung von Körperschaftsteuerguthaben erworben in Höhe von 40 % der Nominalwerte der Forderungen. Der erste Anspruch wurde 2015 an den Steuerpflichtigen ausgezahlt. Das Finanzamt erfasste diesen Gewinn bei den Kapitaleinkünften 2015. Der Steuerpflichtige hielt die Auszahlung dagegen für nicht steuerbar.
Der BFH führt dazu aus, dass der Anspruch auf Auszahlung eines Körperschaftsteuerguthabens eine sonstige Kapitalforderung darstellt. In diesem Fall ist die Rückforderung einer unter dem Nominalwert erworbenen Kapitalforderung nach den gesetzlichen Vorgaben als sonstige Kapitalforderung zu besteuern und nicht in einen Zins- und Tilgungsanteil aufzuteilen. Wenn der Rückzahlungsbetrag höher ist als die Anschaffungskosten, führt die Rückzahlung einer Kapitalforderung zu steuerpflichtigen Einnahmen. Die Anschaffungskosten für den Erwerb einer Forderung mit verschiedenen Fälligkeitszeitpunkten sind aufzuteilen und anteilig in dem Veranlagungszeitraum abziehbar, in dem die jeweils fällige Teilrückzahlung zufließt. Der Besteuerung steht auch nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige nicht selbst eine Kapitalforderung durch die Gewährung eines Darlehens begründet hat, sondern eine solche Forderung durch eine Abtretung entgeltlich erworben hat.
Das Erbschaftsteuergesetz hat für die anfallenden Kosten einer Bestattung und ähnliche Kosten sowie Aufwendungen zur Abwicklung, Regelung und Verteilung des Nachlasses eine sog. Erbfallkostenpauschale geschaffen. Diese kann bei der Berechnung der Erbschaftsteuer ohne Nachweis steuermindernd abgezogen werden. Inwiefern der Betrag durch einen Nacherben angesetzt werden kann, hat der Bundesfinanzhof (BFH) am 1.2.2023 entschieden.
In dem Fall erbte der Ehemann der Verstorbenen, verstarb aber kurz darauf selbst, sodass die Nichte erbte. Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer für die Nacherbschaft gegen die Erbin fest, ohne Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Die Nichte beantragte nachträglich noch den Pauschbetrag zu berücksichtigen, da dieser sowohl dem Vor- als auch dem Nacherben zustünde, da zwei getrennt zu beurteilende Erbfälle vorlägen.
Finanzgericht und auch der BFH sprachen sich letztendlich für den Ansatz der Erbfallkostenpauschale auch beim Nacherben aus. Der Betrag ist für jeden Erbfall nur einmal zu gewähren. Die Abfolge von Vor- und Nacherbfall stellt jedoch erbschaftsteuerlich nicht einen Erbfall mit mehreren Erben dar, sondern zwei Vorgänge als zwei getrennte Erbfälle. Dem entspricht es auch, den Pauschbetrag zweimal zu gewähren. Die Pauschale soll entstehende Nachlassregelungskosten im weiteren Sinne abgelten, dass diese zweimal anfallen, ist nicht ungewöhnlich.
Die Bestimmung der „Fünftelregelung“ dient der steuerlichen Entlastung, wenn außerordentliche Einkünfte für eine mehrjährige Tätigkeit erzielt werden, beispielsweise eine Abfindung oder eine nennenswerte Lohnnachzahlung. Durch die Anwendung dieser Regelung erfolgt eine Glättung der Steuerlast, die verhindert, dass der eigene Steuersatz durch die außerordentlichen Einkünfte unverhältnismäßig in die Höhe schnellt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jedoch Einschränkungen formuliert: Die Fünftelregelung kann nicht in Anspruch genommen werden, wenn die außerordentlichen Einkünfte über einen Zeitraum von drei Jahren (oder in einem anderen, nicht einzeln festgelegten Zeitraum) ausgezahlt werden. Dieser Grundsatz findet selbst dann Anwendung, wenn die Abfindung ursprünglich in einer Gesamtsumme vereinbart war und die Verteilung auf mehrere Jahre durch Umstände begründet ist, die der Steuerpflichtige nicht beeinflussen konnte.
Ausnahmen: Eine davon besteht, wenn im ersten Jahr lediglich ein kleiner Teil der Gesamtsumme ausgezahlt wird (weniger als 10 % laut einer Vereinfachungsregel des Bundesfinanzministeriums) und der überwiegende Anteil im zweiten Jahr. Eine weitere Ausnahme lässt der Bundesfinanzhof zu, wenn neben der Hauptleistung in späteren Jahren aus Gründen der „sozialen Fürsorge“ zusätzliche Leistungen gewährt werden. Diese zusätzlichen Leistungen, wie beispielsweise Hilfen für einen Arbeitsplatzwechsel oder Anpassungen an eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit, sind für die Anwendung der Fünftelregelung unschädlich, sofern sie weniger als 50 % der Hauptleistung betragen.
Bei der Berechnung der Einkommensteuer können Steuerpflichtige Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungen, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen steuermindernd geltend machen.
Ob zu diesen Aufwendungen auch ein Hausnotrufsystem gehört, entschied am 15.2.2023 der Bundesfinanzhof. Eine Steuerpflichtige erwarb ein sog. Hausnotrufsystem. Dazu gehörte die Gerätebereitstellung und eine 24-Stunden-Servicezentrale, nicht aber Pflege- und Grundversorgung, sowie der Sofort-Helfer-Einsatz. Die Kosten dafür wurden als haushaltsnahe Dienstleistungen in der Einkommensteuererklärung angegeben.
Haushaltsnahe Dienstleistungen sind gesetzlich nicht genau definiert, nach der Rechtsprechung müssen die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen, sollten gewöhnlich durch Mitglieder des Haushalts oder entsprechende Beschäftigte in regelmäßigen Abständen erledigt werden können und dem Haushalt dienen.
Den Aufwendungen für das Hausnotrufsystem liegt zwar eine haushaltsnahe Dienstleistung zugrunde, da es eine Rufbereitschaft im Notfall für die Steuerpflichtige sicherstellt, was ansonsten von den übrigen Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft übernommen worden wäre. Allerdings wird die Dienstleistung nicht im Haushalt erbracht. Die Klägerin zahlte nicht nur für die Bereitstellung der erforderlichen Technik, mittels derer der Kontakt zu der Einsatzzentrale ausgelöst wird, sondern insbesondere für das Bereithalten des Personals für die Entgegennahme eines eventuellen Notrufs und anschließende Kontaktierung anderer Personen. Die wesentliche Dienstleistung ist mithin die Bearbeitung von eingehenden Alarmen und die Verständigung von Bezugspersonen, des Hausarztes etc. per Telefon und nicht das Rufen des Notdienstes durch die Klägerin selbst. Im Ergebnis stellte der BFH fest, dass für ein Hausnotrufsystem ohne unmittelbare Soforthilfe keine Steuerermäßigung gewährt wird.
Im einem vom Bundesfinanzhof am 23.3.2023 entschiedenen Fall litt eine Frau an einem Lipödem und wurde einer sog. Liposuktion unterzogen. Die Kosten für die Behandlung wurden nicht von ihrer Krankenkasse erstattet und sie machte diese Aufwendungen steuerlich als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Das Finanzamt lehnte dies zunächst ab mit der Begründung, die Frau habe vor der Behandlung kein ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vorgelegt und es handele sich nicht um eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode.
Der BFH kam zu dem Urteil, dass die Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems ab 2016 als wissenschaftlich anerkannt gelten kann. Die Aufwendungen wurden daher als außergewöhnliche Belastungen anerkannt, trotz des fehlenden amtsärztlichen Gutachtens oder der ärztlichen Bescheinigung des MDK.
Der Darlehensgeber kann im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen, wenn der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Rückzahlung Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schuldet. Ein Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag muss u.a. klar und verständlich formulierte Angaben über die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung beinhalten, soweit der Darlehensgeber beabsichtigt, diesen Anspruch geltend zu machen, falls der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt. Der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist ausgeschlossen, wenn z.B. im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind.
Die in einem Immobiliendarlehensvertrag mit fester Zinsbindung enthaltene Angabe zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung ist dann fehlerhaft im Sinne der o.g. Regelung und steht einem Anspruch der Bank auf Vorfälligkeitsentschädigung entgegen, wenn darin auf die Wiederanlage in „kongruenten Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner“ abgestellt wird. Dies entschieden die Richter des Saarländischen Oberlandesgerichts in ihrem Urteil v. 26.1.2023.
Der finanzielle Nachteil des Darlehensgebers liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der in diesem Fall von der Bank gewählten „Aktiv-Passiv-Methode“ - in der Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei Abnahme des Darlehens und vereinbarungsgemäßer Durchführung des Vertrags tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite, die sich aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt. Dabei ist die Rendite einer Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen und nicht die Rendite von Wertpapieren der öffentlichen Hand zugrundezulegen.
Bei einer Überraschungsreise (z.B. „Fahrt ins Blaue“) ohne vorherige Kenntnis von Reiseziel und Reiseprogramm kann der Reiseveranstalter über die von ihm zu erbringenden Leistungen bestimmen. Sobald er jedoch den Reisenden ein Reiseprogramm aushändigt, sind die darin genannten Leistungen für ihn verbindlich. Sein Bestimmungsrecht übt der Reiseveranstalter also nicht erst mit der tatsächlichen Leistungserbringung aus, sondern bereits mit der Aushändigung des Reiseprogramms.
Dem Bundesgerichtshof lag dazu folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor: Ein Reiseveranstalter bewarb eine Tour als „Fahrt ins Blaue“. Diese Tour mit unbekanntem Ziel und einem Gesamtpreis von ca. 2.140 € wurde über ein Reisebüro für elf Leute gebucht. Das bis dahin unbekannte Reiseprogramm wurde bei der Abfahrt verteilt. Darin war eine Fahrt nach Hamburg mit einer Museumsführung, einer großen Hafenrundfahrt und als Höhepunkt ein Musical-Besuch aufgeführt. Aufgrund der Corona-Pandemie musste der Musical-Besuch entfallen und als Ersatz wurde eine 3-stündige Stadtrundfahrt unternommen.
Der BGH sprach den Reisenden eine von ihnen verlangte Minderung des Reisepreises zu, da die durchgeführte Stadtrundfahrt keine gleichartige und gleichwertige Ersatzleistung gegenüber dem Musical-Besuch war.
Nach dem Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte ist es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, z.B. durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht.
Die Einschränkung des Urheberrechts durch die Panoramafreiheit, die eine unentgeltliche Nutzung gestattet, schließt jedoch nur diejenigen Perspektiven ein, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen. Hierzu gehört nicht der Luftraum. Der Einsatz von Hilfsmitteln zur Erlangung einer anderen Perspektive ist nicht mehr von der Panoramafreiheit gedeckt. Dies hatte bereits der Bundesgerichtshof für den Einsatz einer Leiter entschieden. Für den Einsatz einer Drohne kann nichts anderes gelten, sodass die mittels einer Drohne gefertigten Bildaufnahmen nicht von der Panoramafreiheit gedeckt sind.
Eine Betriebsrentenzusage kann zulässig auf das im letzten Kalenderjahr vor dem Ausscheiden durchschnittlich bezogene Monatsgehalt abstellen, um die Betriebsrentenleistungen zu berechnen, und dieses im Fall von Teilzeitbeschäftigung innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Ausscheiden mit einem Faktor für den durchschnittlichen Beschäftigungsumfang in diesem Zeitraum modifizieren. Zu dieser Entscheidung kam das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil v. 20.6.2023.
Die Richter des BAG führten aus, dass bei einer endgehaltsbezogenen Betriebsrentenzusage, selbst wenn diese zudem die erbrachte Dienstzeit honoriert, auf das zuletzt maßgebliche Entgelt auch bei Teilzeitkräften abgestellt werden darf. Die endgehaltsbezogene Betriebsrente dient insoweit dem legitimen Zweck der Erhaltung des letzten im Erwerbsleben erarbeiteten Lebensstandards im Ruhestand. Hierbei ist es nicht zu beanstanden, wenn die Zusage einen Betrachtungszeitraum von zehn Jahren vor dem Ausscheiden zur Bestimmung des maßgeblichen durchschnittlichen Beschäftigungsumfangs von Teilzeitbeschäftigten zugrundelegt. Diese werden dadurch nicht unzulässig benachteiligt. Die Klage einer von Mai 2005 bis zu ihrem Ausscheiden im September 2020 in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmerin hatte damit keinen Erfolg.
Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz ist ein Arbeitnehmer, der sich bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit (AU) im Ausland aufhält, verpflichtet, dem Arbeitgeber die AU, deren voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen. Die durch die Mitteilung entstehenden Kosten hat der Arbeitgeber zu tragen. Darüber hinaus ist ein Arbeitnehmer, wenn er Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, verpflichtet, auch dieser die AU und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen. Dauert die AU länger als angezeigt, so ist der Arbeitnehmer verpflichtet, der gesetzlichen Krankenkasse die voraussichtliche Fortdauer der AU mitzuteilen.
Die von einem Arzt im Ausland ausgestellte AU-Bescheinigung hat i.d.R. den gleichen Beweiswert wie die Bescheinigung eines Arztes in Deutschland. Sie muss jedoch erkennen lassen, dass der Arzt im Ausland unterschieden hat zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit. Also eine Beurteilung entsprechend den Begriffen aus dem deutschen Arbeits- und Sozialversicherungsrecht.
Einem Arbeitnehmer wurde vorgeworfen, eine sog. Mehrarbeitsschicht absichtlich nicht zu leisten, aber bezahlt zu bekommen. Nach seinen Angaben hatte er zwar an dem Tag zunächst das Werksgelände betreten. Die auf einen anonymen Hinweis hin erfolgte Auswertung der Aufzeichnungen einer durch ein Piktogramm ausgewiesenen und auch sonst nicht zu übersehenden Videokamera an einem Tor zum Werksgelände ergab nach den Angaben des Arbeitsgebers aber, dass er dieses noch vor Schichtbeginn wieder verlassen hatte.
In einem Kündigungsschutzprozess besteht grundsätzlich kein Verwertungsverbot von Aufzeichnungen aus einer offenen Videoüberwachung, die vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen. Das gilt auch dann, wenn die Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht in jeder Hinsicht den Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes bzw. der Datenschutz-Grundverordnung entsprach.
Die Erneuerung von Rauchwarnmeldern stellt anders als deren erstmaliger Einbau grundsätzlich keine Modernisierung dar, wenn mit ihr eine technische Verbesserung oder sonstige Aufwertung nicht verbunden ist.
Der Vermieter ist aufgrund einer solchen Erneuerungsmaßnahme deshalb auch dann nicht zu einer Erhöhung der Miete berechtigt, wenn die zu einem früheren Zeitpunkt erfolgte erstmalige Ausstattung der Mietwohnung mit Rauchwarnmeldern weder zu einer zusätzlichen Belastung des Mieters mit Betriebskosten noch zu einer Mieterhöhung geführt hat.
Nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt u.a. dann vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird. Dies ist insbesondere beim Auftreten eines Mangels der Fall, welcher dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache durch den Mieter entgegensteht. Außer reinen Beschaffenheitsfehlern der Mietsache können auch behördliche Beschränkungen und Gebrauchshindernisse die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch in einer Weise aufheben oder mindern, dass sie einen Mangel i.S. des BGB begründen.
Diesem Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden v. 27.3.2023 lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2020 stellte das Bauaufsichtsamt der Stadt Dresden bei einer Brandschutzinspektion fest, dass es an einem gewerblich vermieteten Objekt brandschutztechnische Mängel gab. Der Vermieter erhielt eine Mitteilung von der Bauaufsicht und kündigte an, eine Lösung für das brandschutztechnische Problem zu erarbeiten, unternahm jedoch keine entsprechenden baulichen Maßnahmen. Da keine Abhilfe durch bauliche Maßnahmen erfolgte, verfügte die Bauaufsicht die Untersagung der Nutzung der gemieteten Räume. Daraufhin kündigte der Mieter das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.12.2021. Die Richter kamen zu dem Entschluss, dass die außerordentliche Kündigung rechtmäßig war.
Gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch ist es erforderlich, dass ein Mietvertrag, der länger als ein Jahr dauern soll, schriftlich abgeschlossen wird. Wenn dies nicht der Fall ist, gilt er für unbestimmte Zeit. Zur Wahrung der Schriftform ist es grundsätzlich erforderlich, dass sich die wesentlichen Vertragsbedingungen – insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnisses – aus der Vertragsurkunde ergeben. Für Abänderungen gelten dieselben Grundsätze wie für den Ursprungsvertrag. Sie bedürfen deshalb ebenfalls der Schriftform, es sei denn, dass es sich um unwesentliche Änderungen handelt.
Soll die Fälligkeit der Zahlung der Nettomiete und die Verschiebung der Fälligkeit der Betriebskostenvorauszahlung geändert werden, bedarf dieses ebenfalls der Schriftform.
Die integrierten Bildschirme in Fahrzeugen werden zunehmend größer und übernehmen eine Vielzahl von Funktionen im Zusammenhang mit dem Navigationssystem. Sie beschränken sich jedoch häufig nicht mehr nur darauf, die beste Route vorzuschlagen, sondern bieten ein umfassendes Unterhaltungssystem und man kann darüber ggf. auch Fahrzeugfunktionen steuern.
Dabei ist zu beachten, dass nach der Straßenverkehrsordnung alle elektronischen Geräte nur benutzt werden dürfen, wenn hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten werden muss, sondern ein kurzer Blick ausreicht oder die Bedienung per Sprachsteuerung möglich ist.
Damit sind nicht nur Smartphones gemeint, sondern beispielsweise auch eine Smartwatch oder auch das Navigationsgerät. Eine händische Zieleingabe während der Fahrt ist nicht erlaubt. Die Steuerung originärer Fahrzeugfunktionen wie z.B. die Beleuchtung, die Heizung oder die Scheibenwischer per Touchscreen sind davon nicht betroffen. Allerdings nur dann, wenn dafür der Blick nur kurz von der Fahrbahn abgewendet wird.
Eine Dashcam ist eine Kamera, die während der Fahrt das Verkehrsgeschehen aufzeichnet. Sie wird meistens an der Windschutzscheibe oder am Armaturenbrett befestigt. Eine anlasslose Aufzeichnung durch eine Dashcam verstößt jedoch gegen die Bestimmungen zum Datenschutz. Die Richter des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf entschieden am 19.1.2023, dass bei einer gebotenen Interessenabwägung im Hinblick auf die in dem Fall in Rede stehende vorsätzliche Sachbeschädigung kein Beweisverwertungsverbot vorliegt.
In dem entschiedenen Fall hatte ein Arbeitnehmer in seinem Transporter eine Dashcam angebracht. Am Morgen des 16.2.2021 parkte er vor Arbeitsbeginn gegen 7.00 Uhr sein Fahrzeug auf dem städtischen Parkplatz. Kurze Zeit später stellte ein Kollege seinen Wagen daneben ab. Als der Transporterfahrer gegen 9.00 Uhr zum Wagen zurückkehrte, war dieser an der rechten Seite an Beifahrer- und Schiebetür zerkratzt. Wer dafür verantwortlich ist, blieb streitig. Die LAG-Richter kamen zu der Entscheidung, dass hier die Dashcamaufnahmen als Beweis herangezogen werden konnten.