Juli 2015
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem Urteil vom 17.12.2014 die Verschonungsregelungen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) beim Betriebsvermögen zwar grundsätzlich für geeignet und erforderlich gehalten. Die bestehenden Verschonungsregelungen verstoßen aber angesichts ihres Übermaßes gegen das Grundgesetz. Es hat dem Gesetzgeber eine Frist für eine Neuregelung bis zum 30.6.2016 gesetzt.
Nunmehr liegt hierzu ein erster Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums vom 1.6.2015 vor. Danach sollen die Regelungen im ErbStG in ihrer Grundstruktur erhalten bleiben, soweit kein Änderungsbedarf besteht. Um einen verfassungsgemäßen Zustand zu schaffen, werden die beanstandeten Regelungen jedoch neu gefasst. Dazu gehören:
die Freistellung von Kleinstbetrieben von den Lohnsummenregelungen
die Abgrenzung des begünstigten von dem nicht begünstigten Vermögen
Einführung einer Verschonungsbedarfsprüfung für den Erwerb großer Betriebsvermögen
Einführung eines Abschmelzmodells als Wahlrecht für den Erwerb großer Betriebsvermögen
Anmerkung: Das Änderungsgesetz soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Die Neuregelungen sollen erstmals auf Erwerbe Anwendung finden, für die die Steuer nach dem Tag der Verkündung des Gesetzes entsteht. Der Wegfall der bereits gewährten Steuerbefreiungen bei früheren Erwerben von derselben Person innerhalb von 10 Jahren soll ebenfalls erst für Erwerbe Anwendung finden, für die die Steuer nach dem Tag der Verkündung des Änderungsgesetzes entsteht.
Der vorgelegte Entwurf wird von Politik und Wirtschaft heftig kritisiert und letztendlich für die Erben und Beschenkten – wie zzt. absehbar – nicht vorteilhafter sein als die alte Regelung. Betroffene Steuerpflichtige sollten sich hier zwingend von uns beraten lassen!
Die EU und die Schweiz unterzeichneten am 27.5.2015 ein neues Abkommen über Steuertransparenz, das die Bekämpfung der Steuerhinterziehung wesentlich verbessern soll. Danach tauschen beide Seiten ab 2018 automatisch Informationen über die Finanzkonten der Einwohner des jeweils anderen Landes aus. Dies soll verhindern, dass Steuerhinterzieher nicht versteuerte Einkünfte auf schweizerischen Konten weiter verbergen können.
Im Rahmen des neuen Abkommens erhalten die Mitgliedstaaten jährlich die Namen, Anschriften, Steuer-Identifikationsnummern und Geburtsdaten ihrer Einwohner mit Konten in der Schweiz sowie andere Finanzdaten und Informationen über Kontensalden.
Die Kommission schließt derzeit Verhandlungen über vergleichbare Abkommen mit Andorra, Liechtenstein, Monaco und San Marino ab, die voraussichtlich noch vor Ende des Jahres unterzeichnet werden.
Mit Urteil vom 14.5.2014 veröffentlichte der Bundesfinanzhof (BFH) seine Entscheidung über den Entstehungszeitpunkt der Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen nach der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI).
Er entschied entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung, dass erhaltene Anzahlungen für einzelne Leistungsphasen der HOAI, für die eine nachprüfbare Rechnung vorliegt, „endgültig verdient“ sind. Somit ist eine Bilanzierung einer teilfertigen Arbeit für einzelne abgeschlossene Leistungsphasen der HOAI nicht mehr möglich.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) teilt die Auffassung des BFH. In seinem Schreiben vom 13.5.2015 an die Bundesarchitektenkammer hat es eine Übergangsfrist – entgegen erster Veröffentlichungen – für die Anwendung eingeräumt. Die Entscheidung ist erst ab dem Wirtschaftsjahr 2015 und damit nicht rückwirkend anzuwenden. Nach den Grundsätzen der Entscheidung kann der im Jahr 2015 entstandene Gewinn zudem gleichmäßig auf 2015 und 2016 oder auf 2015, 2016 und 2017 verteilt werden.
Anmerkung: Das BMF führt weiter aus, dass diese Regelung neben Abschlagszahlungen auf Grundlage der HOAI auch auf alle Abschlagszahlungen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch anzuwenden ist. Demnach sind nunmehr alle bilanzierenden Unternehmen, die Abschlagszahlungen in Rechnung stellen, von dieser Regelung betroffen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) musste sich im Urteil vom 13.1.2015 mit der Frage beschäftigen, ob Verluste (im entschiedenen Fall aus einer beruflichen Erstausbildung), die in vergangenen Jahren entstanden waren, gesondert festgestellt werden können, wenn eine Veranlagung zur Einkommensteuer für das Verlustentstehungsjahr nicht erfolgt ist und auch aufgrund inzwischen eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr erfolgen kann.
Die Klärung dieser Rechtsfrage ist insoweit von Bedeutung, als Verluste nur dann in späteren Jahren steuerlich nutzbar gemacht werden können, wenn sie zuvor gesondert festgestellt worden sind.
Im entschiedenen Fall begehrte eine Steuerpflichtige nachträglich die Berücksichtigung von Kosten für ihre berufliche Erstausbildung. Sie hatte dazu im Juli 2012 Steuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2007 eingereicht und auch die Feststellung von Verlustvorträgen beantragt. Das Finanzamt (FA) lehnte die Verlustfeststellung ab.
Der BFH stellt in seiner Entscheidung klar, dass ein verbleibender Verlustvortrag auch dann gesondert festgestellt werden kann, wenn ein Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr nicht mehr erlassen werden kann. Eine Bindungswirkung des Einkommensteuerbescheids für die Feststellung des Verlustvortrags bestehe dann nicht, wenn eine Einkommensteuerveranlagung gar nicht durchgeführt worden ist.
Anmerkung: Mit der Entscheidung vereinfacht der BFH die Geltendmachung von Verlustvorträgen in zurückliegenden Jahren. Praktische Bedeutung hat dies vor allem für Steuerpflichtige, die sich in Ausbildung befinden oder vor kurzem ihre Ausbildung abgeschlossen haben.
Auch wenn diese in der Vergangenheit keine Einkommensteuererklärung abgegeben haben und wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung eine Einkommensteuerveranlagung nicht mehr durchgeführt werden kann, kann innerhalb der Verjährungsfrist für die Verlustfeststellung diese noch beantragt und durchgeführt werden. Dadurch ist es möglich, über den Antrag auf Verlustfeststellung von einer für den Steuerpflichtigen günstigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Frage der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Kosten einer beruflichen Erstausbildung zu profitieren.
Heilbehandlungen des Zahnarztes sind umsatzsteuerfrei. Dazu gehören auch ästhetische Behandlungen, wenn diese Leistungen dazu dienen, Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen. Steuerbefreit ist auch eine medizinische Maßnahme ästhetischer Natur zur Beseitigung negativer Folgen einer Vorbehandlung.
Dazu entschied der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 19.3.2015, dass Zahnaufhellungen (sog. Bleaching), die ein Zahnarzt zur Beseitigung behandlungsbedingter Zahnverdunklungen vornimmt, umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen sind, wenn sie in einem sachlichen Zusammenhang mit der vorherigen steuerfreien Zahnbehandlung stehen.
Wie viel Steuerpflichtige zur gesetzlichen Rente hinzuverdienen dürfen, ohne ihren Rentenanspruch zu gefährden, hängt vom Lebensalter ab. Wenn sie bereits die Regelaltersgrenze erreicht haben, können sie grundsätzlich unbegrenzt hinzuverdienen.
Steuerpflichtige, die die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben, können – bei einer Vollrente – bis zu 450 € im Monat dazuverdienen, ohne dass sich dieser Betrag auf die Alters- oder Erwerbsminderungsrente auswirkt. Die Hinzuverdienstgrenze darf zweimal pro Jahr bis zum doppelten Betrag überschritten werden (also bis zu 900 € maximal).
Je mehr sie hinzuverdienen, desto niedriger ist der Anteil der Rente. Die Altersrente können sie erhalten als Vollrente (also in voller Höhe), Zwei-Drittel-Teilrente (also in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente), Ein-Halb-Teilrente (also in Höhe der Hälfte der Vollrente) oder Ein-Drittel-Teilrente (also in Höhe von einem Drittel der Vollrente).
Als Hinzuverdienst gelten der monatliche Bruttoverdienst, der monatliche steuerrechtliche Gewinn (Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit und aus Land- und Forstwirtschaft) sowie vergleichbares Einkommen (zum Beispiel Vorruhestandsgeld). Zum Verdienst zählen Einnahmen aus einer geringfügigen Beschäftigung ebenso wie die Gewinne aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Urteil vom 3.3.2015 darüber zu entscheiden, welche Kosten beim Kauf eines unbebauten Grundstücks in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind, wenn sich der Grundstücksverkäufer (zusätzlich) zur Errichtung eines Rohbaus auf dem Grundstück verpflichtet, und weitere Baukosten durch Ausbauarbeiten anfallen, die aber vom Grundstückskäufer bei Dritten in Auftrag gegeben worden sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind beim Kauf eines Grundstücks, das beim Abschluss des Kaufvertrags tatsächlich unbebaut ist, unter bestimmten Voraussetzungen auch die Kosten für die anschließende Errichtung eines Gebäudes auf dem Grundstück in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen, nämlich wenn sich aus weiteren Vereinbarungen ergibt, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält. Diese Vereinbarungen müssen mit dem Kaufvertrag in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Käufer spätestens beim Abschluss des Kaufvertrags den Grundstücksverkäufer oder einen vom Grundstücksverkäufer vorgeschlagenen Dritten mit dem Bau beauftragt. Aber auch ein später abgeschlossener Bauvertrag kann je nach den Umständen des Einzelfalls zur Einbeziehung der Baukosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer führen.
Im Urteilsfall war nicht streitig, dass die Kosten des Rohbaus in die Bemessungsgrundlage der Steuer einzubeziehen sind. Ob dies auch für die Ausbaukosten gilt, hängt nach dem Urteil davon ab,
ob die später mit dem Ausbau beauftragten Unternehmen im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags mit dem Grundstücksverkäufer personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden waren oder
aufgrund von Abreden zusammenarbeiteten oder durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss auch der Verträge über die Ausbauarbeiten hinwirkten und
die zu erbringenden Leistungen dem Erwerber unter Angabe des hierfür aufzuwendenden Entgelts bereits vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags konkret angeboten hatten.
Zzt. sind E-Mails und Schreiben im Umlauf, in denen der Name des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) missbraucht und Schadsoftware verteilt wird.
Steuererstattung: In den E-Mails von der E-Mail-Adresse „bzst.bund@munich.com“ mit dem Betreff „Rückerstattung/refund“ steht folgender Text: „Steuererstattung ist abgeschlossen, befestigt ist eine Kopie des Schlup. (tax refund completed, attached is a copy of the slip)“. In der Anlage befindet sich ein Dateianhang „Steuerbescheid.pdf.rar“. Inhalt dieses rar-Files ist eine Datei „k-12.exe“. Hinter der Datei befindet sich vermutlich eine Schadsoftware. Wir bitten Sie daher dringend, diese
E-Mails auf keinen Fall zu öffnen und umgehend zu löschen!
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: Des Weiteren befinden sich wieder Schreiben im Umlauf, in denen eine kostenpflichtige Erfassung, Registrierung und Veröffentlichung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (USt-IdNr.) angeboten wird. Die Vergabe von USt-IdNr. ist stets kostenfrei und erfolgt in Deutschland ausschließlich durch das BZSt. In der Regel beantragen die Unternehmen bei ihrem zuständigen Finanzamt die Erteilung der USt-IdNr. Diese übermitteln die Anträge dann intern an das BZSt.
Bitte beachten Sie! Benachrichtigungen über Steuererstattungen werden nicht per Mail verschickt. Zuständig für die Rückerstattung von überzahlten Steuern ist zudem nicht das BZSt, sondern das jeweils zuständige Finanzamt.
Bei der Entscheidung, ob eine Bank einen Kredit bewilligt oder nicht, spielt der sog. „Scorewert“ des Antragstellers eine große Rolle. Kreditinstitute errechnen, wie zahlungsfähig ihre Kunden sind. Es stellt sich jedoch die Frage, auf welche Angaben sich die Banken dabei stützen.
Das Scoring ist weit verbreitet. Mit dem mathematisch-statistischen Verfahren berechnen Kreditinstitute die Wahrscheinlichkeit, ob einzelne Verbraucher ihre Schulden zurückzahlen können. Zur Berechnung greifen die Banken auf verschiedene Daten zurück, z. B. auch auf Daten der Schufa.
Aus den erhobenen Daten wird ein Scorewert errechnet, der mit darüber entscheidet, wie kreditwürdig ein Antragsteller eingestuft wird. Eintragungen bei der Schufa oder anderen Auskunfteien, die auf schlechte wirtschaftliche Verhältnisse hindeuten, können zu höheren Zinsen oder gar zur Ablehnung des Kredits führen. Wird ein Kredit von einer Bank oder einem Unternehmen infolge einer negativen Auskunft abgelehnt, muss sie den Kunden umgehend informieren. Sonst droht ein Bußgeld.
Die herangezogenen Daten für das Scoring sind jedoch häufig falsch und unvollständig. Deshalb ist es u. U. für Verbraucher ratsam, die Daten zu prüfen. Jeder hat das Recht, mit einer Eigenauskunft bei einer Auskunftei seine gespeicherten Daten einzuholen. So soll der Verbraucher bei einer Kreditabsage nachvollziehen können, woran es gelegen hat.
Betroffene haben auch gegenüber Banken einen detaillierten Auskunftsanspruch, sodass Kreditinstitute Kunden in alle erhaltenen oder erstellten Scorewerte der vergangenen 6 Monate Einblick gewähren müssen. Eine Bank kann auch an eine Auskunftei verweisen – allerdings nur dann, wenn sie deren Scorewert ohne eigene Bestandteile verwendet hat. Auskunfteien und Banken sind verpflichtet, fehlerhafte Daten zu korrigieren.
Einmal jährlich können kostenlos – auch online – folgende Auskünfte eingeholt werden:
welche Daten zur Person sind gespeichert und woher stammen sie,
welche Scorewerte sind an wen innerhalb der vergangenen 12 Monate übermittelt worden,
wie hoch ist mein aktueller Scorewert,
welche Datenarten wurden für das berechnete Ergebnis genutzt,
wie ist mein Scorewert zustande gekommen,
welche Bedeutung hat mein Scorewert?
Anmerkung: Haben Sie Interesse an einem Darlehen, sollten Sie Ihrer Bank verdeutlichen, dass Sie zunächst nur eine Konditionenabfrage wollen – und noch keinen Kreditantrag stellen. Holt diese eine Schufa-Auskunft ein, sollte sich die Bewertung der Bonität (Kreditwürdigkeit) bei der Schufa für allgemeine Kreditsicherung nicht verschlechtern.
Bitte beachten Sie! Auch wenn Sie Rechnungen zügig begleichen und Ihre Raten pünktlich zahlen, hat das Einfluss auf den Scorewert. Ist bei einer Auskunftei eine Forderung registriert, die Sie bestreiten, sollten Sie das der Auskunftei mitteilen.
Die Verletzung von Obhuts- und Fürsorgepflichten des Reiseveranstalters gegenüber dem Reiseteilnehmer, unter die auch Verkehrssicherungspflichten fallen, kann ein reisevertragliche Ansprüche auslösender Reisemangel sein. Hiernach liegt ein Reisemangel vor, wenn von der Einrichtung des vom Reiseveranstalter ausgewählten Hotels eine Gefahr für die Sicherheit des Reisenden ausgeht, mit der er nicht zu rechnen braucht.
Im Rahmen seiner Obhuts- und Fürsorgepflichten hat der Veranstalter alle sicherheitsrelevanten Teile der Hotelanlage in regelmäßigen Abständen während der Vertragsdauer durch einen sachkundigen und pflichtbewussten Beauftragten im Hinblick auf solche Risiken, die sich bei genauem Hinsehen jedermann offenbaren, überprüfen zu lassen. Hierzu gehört die Kontrolle des allgemeinen baulichen Zustandes der Unterkunft, um sicherzustellen, dass von sicherheitsrelevanten Einrichtungen wie Treppen, elektrischen Anlagen, Balkongittern etc. keine Gefahren für den Reisenden ausgehen.
Die Überprüfungspflicht geht aber nicht so weit, dass jeder einzelne Einrichtungsgegenstand ständig auf seine Funktionsfähigkeit zu überprüfen ist, sondern beschränkt sich nur auf allgemein als gefährlich anzusehende Einrichtungsgegenstände. Bei „normalem“ Mobiliar, wie z. B. Liegen, handelt es sich nicht um besonders gefährliche Einrichtungsgegenstände, die einer besonderen Überprüfung bedürfen.
In einem Fall aus der Praxis wurde einem Reisenden eine Fingerkuppe abgetrennt, als aufgrund eines Defekts das Kopfteil einer Liege wegklappte. Daraufhin verlangte dieser von dem Reiseveranstalter Schadensersatz. Diesen lehnten die Richter des Oberlandesgerichts Düsseldorf jedoch ab, da es sich bei Liegen um sog. „normales“ Mobiliar handelt.
Das Umgangsrecht eines Elternteils steht unter dem Schutz des Grundgesetzes. Eine Einschränkung oder der Ausschluss des Umgangsrechts kommen jedoch dann in Betracht, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren. Dabei kommt dem erklärten Willen des Kindes mit zunehmendem Alter vermehrt Bedeutung zu.
Die Richter des Bundesverfassungsgerichts kamen in ihrem Beschluss vom 25.4.2015 zu der Entscheidung, dass der Umgang des Vaters mit seinem Sohn auf einen monatlichen Briefkontakt begrenzt werden kann, wenn durch einen intensiveren Kontakt eine Kindeswohlgefährdung zu befürchten ist.
In dem Fall aus der Praxis hatte der Sohn bei einer Anhörung vor Gericht durchgehend und vehement jegliche Umgangskontakte mit seinem Vater abgelehnt. Durch die Briefe könnte der Vater den Kontakt zu seinem Sohn halten und dem Kind dadurch sein fortwährendes Interesse an ihm und seinem Wohlergehen zeigen.
Der Pfändungsschutz stellt sicher, dass Schuldner auch bei einer Pfändung ihres Arbeitseinkommens ihr Existenzminimum sichern und die gesetzlichen Unterhaltspflichten erfüllen können. Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen wird jeweils zum 1. Juli eines jeden zweiten Jahres an die Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrages für das sächliche Existenzminimum angepasst.
Ab dem 1.7.2015 beträgt der monatlich unpfändbare Grundbetrag 1.073,88 € (bisher: 1.045,04 €). Dieser Betrag erhöht sich, wenn gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen sind, um monatlich 404,16 € (bisher: 393,30 €) für die erste und um monatlich jeweils weitere 225,17 € (bisher: 219,12 €) für die zweite bis fünfte Person. Wenn Schuldner mehr verdienen als den so ermittelten pfändungsfreien Betrag, verbleibt ihnen vom Mehrbetrag bis zu einer Obergrenze ebenfalls ein bestimmter Anteil.
Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub wegen Elternzeit nicht mehr kürzen. Die Regelung im Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit, wonach der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann, setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat. Denn dann hat sich der Urlaubsanspruch in einen Abgeltungsanspruch gewandelt.
In einem Fall aus der Praxis war eine Frau als Ergotherapeutin bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. Die monatliche Bruttovergütung betrug zuletzt 2.000 €. Bei einer Fünftagewoche standen ihr im Kalenderjahr 36 Urlaubstage zu. Die Arbeitnehmerin befand sich nach der Geburt ihres Sohnes im Dezember 2010 ab Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 15.5.2012 in Elternzeit. Mit Schreiben vom 24.5.2012 verlangte sie von ihrem Arbeitgeber ohne Erfolg die Abrechnung und Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012. Im September 2012 erklärte dieser die Kürzung des Erholungsurlaubs wegen der Elternzeit.
Die Richter des Bundesarbeitsgerichts entschieden, dass der Arbeitgeber nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15.5.2012 mit seiner Kürzungserklärung im September 2012 den Anspruch der Arbeitnehmerin auf Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nicht mehr verringern konnte. Demnach stand der Ergotherapeutin eine entsprechende Abgeltungszahlung zu.
Beleidigt ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber, seinen Vertreter und Repräsentanten, einen Vorgesetzten oder seine Arbeitskollegen grob, d. h. wenn die Beleidigungen nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeutet, stellt dies einen erheblichen Verstoß gegen seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme aus dem Arbeitsverhältnis dar und kann folglich ebenso einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung an sich bilden, wie auch einen solchen für eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung.
Bei der rechtlichen Würdigung sind allerdings die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die betreffenden Äußerungen gefallen sind. Geschah dies im Rahmen einer emotional geprägten Auseinandersetzung, vermögen sie eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne Weiteres zu begründen. Allerdings sind bei der rechtlichen Beurteilung in der Wirksamkeit einer darauf gestützten Kündigung die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die diffamierende und/oder ehrverletzende Äußerung gefallen ist.
Werden diffamierende und ehrverletzende Äußerungen über Vorgesetzte oder Kollegen nur in vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen abgegeben, so kann unter Umständen die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ebenso wie die ordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt sein. Denn vertrauliche Äußerungen unterfallen dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die vertrauliche Kommunikation in der Privatsphäre ist Ausdruck der Persönlichkeit und grundrechtlich gewährleistet. Der Arbeitnehmer darf regelmäßig darauf vertrauen, seine Äußerungen werden nicht nach außen getragen und der Betriebsfrieden nicht gestört bzw. das Vertrauensverhältnis nicht zerstört. Hebt der Gesprächspartner später die Vertraulichkeit auf, geht dies rechtlich nicht zu Lasten des Arbeitnehmers.
Bescheinigt der behandelnde Arzt Arbeitsunfähigkeit „bis auf Weiteres“, ohne einen Endzeitpunkt anzugeben, kann aus der Angabe eines Wiedervorstellungstermins nicht geschlossen werden, dass die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis zu diesem Termin beschränkt sein soll. Deshalb kann die zuständige Krankenkasse verpflichtet sein, auch über den Wiedervorstellungstermin hinaus Krankengeld zu zahlen.
In einem vor dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz entschiedenen Fall litt eine Frau unter Wirbelsäulen- und Schulterbeschwerden. Der behandelnde Arzt hat im letzten Auszahlungsschein Arbeitsunfähigkeit „bis auf Weiteres“ bescheinigt. Gleichzeitig war ein Wiedervorstellungstermin genannt. Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) zu dem Ergebnis gelangt war, die Arbeitsunfähigkeit sei nur bis zu einem früheren Termin belegt, hat die Krankenkasse eine weitere Krankengeldzahlung abgelehnt, die Patientin müsse sich vielmehr dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen.
Die Frau legte dann zwei weitere Auszahlungsscheine mit einer bescheinigten Arbeitsunfähigkeit bis auf Weiteres vor. Ihr Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid wurde nach erneuter Begutachtung durch den MDK von der Krankenkasse zurückgewiesen.
Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sei „bis auf Weiteres“ vorgenommen worden. Aus der bloßen Angabe eines Wiedervorstellungstermins könne gerade nicht auf eine Begrenzung der Feststellung geschlossen werden. Das Sozialgericht hatte die Krankenkasse bereits dazu verurteilt, mehr als 2 Monate länger Krankengeld zu gewähren. Tatsächlich habe nach den nachvollziehbaren Angaben der behandelnden Ärzte und den Ausführungen des gerichtlich bestellten Gutachters Arbeitsunfähigkeit in dem Zeitraum bestanden, für den die Krankenkasse durch das Sozialgericht zur Krankengeldzahlung verurteilt worden war.
Die Verletzung des Vorfahrtsrechts durch den in die Straße Einfahrenden indiziert sein Verschulden. Wahrt der Einfahrende das Vorfahrtsrecht des fließenden Verkehrs nicht und kommt es deshalb zu einem Unfall, hat er in der Regel, wenn keine Besonderheiten vorliegen, in vollem Umfang oder doch zum größten Teil für die Unfallfolgen zu haften.
Es kommt aber eine Mithaftung des im fließenden Verkehr befindlichen Fahrers bei Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bzw. der „angemessenen Geschwindigkeit“ in Betracht. So haben die Richter des Oberlandesgerichts Naumburg entschieden, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung von ca. 50 % eine Haftungsverteilung von 50 % rechtfertigt.