April 2003
Durch die Neuregelungen des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wird die Steuerfreiheit des Arbeitsentgelts aus geringfügigen Beschäftigungen ab dem 1.4.2003 aufgehoben. Das Arbeitsentgelt für Lohnzahlungszeiträume ab dem 1.4.2003 ist damit stets steuerpflichtig. Eine Freistellungsbescheinigung wirkt letztmals für Arbeitsentgelte der vor dem 1.4.2003 endenden Lohnzahlungszeiträume. Die Lohnsteuer vom Arbeitsentgelt für geringfügige Beschäftigungen ist pauschal oder nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte zu erheben.
Lohnsteuerpauschalierung: Für die Lohnsteuerpauschalierung ist zwischen der neuen einheitlichen Pauschsteuer in Höhe von 2 % und der pauschalen Lohnsteuer — wie bisher — mit einem Steuersatz in Höhe von 20 % des Arbeitsentgelts zu unterscheiden. In beiden Fällen der Lohnsteuerpauschalierung ist nunmehr Voraussetzung, dass eine geringfügige Beschäftigung vorliegt. Das Steuerrecht knüpft damit an die Voraussetzungen des Sozialgesetzbuches an.
Einheitliche Pauschsteuer in Höhe von 2 %: Der Arbeitgeber kann unter Verzicht auf die Vorlage einer Lohnsteuerkarte die Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für das Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung mit einem einheitlichen Pauschsteuersatz in Höhe von insgesamt 2 % des Arbeitsentgelts erheben. In dieser einheitlichen Pauschsteuer sind auch der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer enthalten. Der einheitliche Pauschsteuersatz von 2 % ist auch anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer keiner erhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft angehört.
Pauschaler Lohnsteuersatz in Höhe von 20 %: Hat der Arbeitgeber für das Arbeitsentgelt einer geringfügigen Beschäftigung den Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 12 % bei einer Beschäftigung im Unternehmen oder 5 % bei einer Beschäftigung im Haushalt nicht zu entrichten, kann er die pauschale Lohnsteuer mit einem Steuersatz in Höhe von 20 % des Arbeitsentgelts erheben. Hinzu kommen der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer. Die Entrichtung des Rentenversicherungsbeitrags mit 12 % bzw. 5 % ist dann nicht möglich, wenn bei Zusammenrechnung mehrerer Arbeitsverhältnisse die Grenze von 400 Euro überschritten wird.
Besteuerung nach Lohnsteuerkarte: Wählt der Arbeitgeber für eine geringfügige Beschäftigung nicht die pauschale Lohnsteuererhebung, so ist die Lohnsteuer vom Arbeitsentgelt nach Maßgabe der vorgelegten Lohnsteuerkarte zu erheben. Die Höhe des Lohnsteuerabzugs hängt dann von der Lohnsteuerklasse ab.
Bei den Lohnsteuerklassen I (Alleinstehende), II (bestimmte Alleinerziehende mit Kind) oder III und IV (verheiratete Arbeitnehmer/innen) fällt für das Arbeitsentgelt einer geringfügigen Beschäftigung (höchstens 400 Euro monatlich) keine Lohnsteuer an- anders jedoch bei Lohnsteuerklasse V oder VI. Die Bezüge werden jedoch bei der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt und führen dann — je nach Höhe der übrigen Besteuerungsgrundlagen — ggf. zu einer Steuerbelastung.
Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer: Das Verfahren für die Anmeldung und die Abführung der Lohnsteuer bei geringfügiger Beschäftigung richtet sich danach, ob die einheitliche Pauschsteuer in Höhe von 2 % erhoben wird. In diesem Fall ist ab dem 1.4.2003 stets — wie für die pauschalen Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung — die Bundesknappschaft zuständig. Wird die Lohnsteuer nicht mit der einheitlichen Pauschsteuer in Höhe von 2 % erhoben, so ist das Betriebsstättenfinanzamt zuständig (Lohnsteuer-Anmeldung).
Der Bundesfinanzhof (BFH) stellt mit Urteil vom 16.10.2002 (XI R 41/99) klar, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn Vorsorgeaufwendungen wie z. B. Aufwendungen für eine Altersvorsorge sowie für eine Kranken- und Pflegeversicherung nur in begrenzter Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig sind.
Es verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot, wenn von den Vorsorgeaufwendungen selbstständig tätiger, nicht pflichtversicherter Steuerpflichtiger im Vergleich zu pflichtversicherten Arbeitnehmern nur ein geringerer Betrag von der Besteuerung abgeschirmt bleibt.
Es liegt keine sachwidrige Ungleichbehandlung von Selbstständigen und Arbeitnehmern vor, obwohl der Arbeitnehmer den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung steuerfrei bekommt, der Selbstständige hingegen seine Beiträge zur Altersvorsorge in voller Höhe alleine tragen muss. Nach Auffassung der BFH-Richter stehen den Selbstständigen andere erhebliche steuerliche Vergünstigungen offen, wie z. B. der Freibetrag und die Tarifermäßigung bei einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe.
Als weiteres Argument führen die Richter an, dass die Vorsorgeaufwendungen nicht der aktuellen Existenzsicherung, sondern der Vorsorge für künftige Zeiten dienen. Sie sind folglich als Rücklagen oder Sparleistungen zu qualifizieren. Für diese Leistungen ist der Gesetzgeber nicht gehalten, sie in einem weiteren Umfang von der Steuer freizustellen.
Nach seiner bisherigen Rechtsprechung sah der Bundesfinanzhof (BFH) Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium sowie für eine Umschulungsmaßnahme, mit der ein Berufswechsel verbunden war, stets als Kosten der allgemeinen Lebensführung an und ließ diese daher nur in begrenzter Höhe als Sonderausgaben (Ausbildungskosten) zum Abzug zu. Diese Rechtsprechung wurde mit zwei Urteilen vom 17.12.2002 und 4.12.2002 aufgegeben.
Im ersten Fall war die Klägerin, eine gelernte Rechtsanwalts- und Notargehilfin, die zusätzlich den Abschluss „Staatlich geprüfte Betriebswirtin“ erworben hatte, bei einer Bank als Personalreferentin tätig. Da Voraussetzung für die endgültige Besetzung dieser Stelle ein akademischer Studienabschluss war, absolvierte die Klägerin ein berufsbegleitendes Fernstudium der Betriebswirtschaft mit der Fachrichtung Personalwesen.
Im zweiten Fall nahm die Klägerin, eine gelernte Industriekauffrau, nach Zeiten der Arbeitslosigkeit im Alter von 44 Jahren auf eigene Kosten an einem Lehrgang für die Fahrlehrerausbildung teil. Direkt nach Bestehen der Prüfung war sie als angestellte Fahrlehrerin beschäftigt- mittlerweile unterhält sie eine eigene Fahrschule. Beide Klägerinnen machten ihre Bildungsaufwendungen beim Finanzamt ohne Erfolg als Werbungskosten geltend. Das Finanzgericht und der BFH gaben den Klagen jeweils in voller Höhe statt.
Der BFH führte aus: Auch Aufwendungen für ein berufsbegleitendes Erststudium und für eine Umschulungsmaßnahme können — bei hinreichender beruflicher Veranlassung — Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit darstellen. Ob die Bildungsmaßnahme eine Basis für andere Berufsfelder schafft oder einen Berufswechsel vorbereitet, ist unerheblich. Diese aus beruflichen Gründen entstandenen Aufwendungen haben keinen Bezug zur privaten Lebensführung- eine andere Zuordnung lässt die tief greifenden Veränderungen im Berufsleben, Bildungswesen und auf dem Arbeitsmarkt außer Acht.
Das Finanzgericht Nürnberg hat mit rechtskräftigem Urteil v. 29.10.2002 klargestellt, dass für die Frage der Anerkennung der Gewinntantieme für den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH die Beachtung der sog. 25/75-%-Regel allein nicht ausreicht. Vielmehr muss der unter Berücksichtigung der angemessenen Obergrenze von 25 % der Gesamtbezüge errechnete Tantiemeanteil in einem weiteren Schritt ins Verhältnis zum durchschnittlichen Jahresüberschuss, der laut Prognose zu erwarten ist, gesetzt werden. Daraus ergibt sich der angemessene Tantiemeprozentsatz, der vertraglich festzulegen ist. Er liegt dann jedes Jahr der Berechnung der Tantieme zugrunde. Die Gewinnprognosen sind jedoch regelmäßig zu überprüfen und die Tantiemeprozentsätze dementsprechend neu anzupassen.
Dadurch lässt sich vermeiden, dass bei einem Gewinnrückgang der ehemals vereinbarte Tantiemeprozentsatz eine unerwünschte Begrenzung der Tantieme vorschreibt.
Im Entscheidungsfall betrug der angemessene Tantiemeprozentsatz 5,5 % (= angemessene Tantieme 50.000 DM, Gewinnprognose 900.000 DM). Da jedoch im Streitjahr der Gewinn stark zurückgegangen war, und zwar auf nur noch 240.000 DM, ergab sich eine angemessene Tantieme von 13.000 DM (5,5 % x 240.000 DM). Der Kläger hätte den Tantiemeprozentsatz aufgrund des abzusehenden Gewinnrückgangs anpassen müssen. Der neue, schriftlich festzulegende Prozentsatz hätte z. B. 16,6 % (= 50.000 DM, neue Gewinnprognose 300.000 DM) betragen können.
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4.7.2002 (V R 31/01) kann eine Umsatzsteuer-Voranmeldung per Telefax wirksam übermittelt werden.
Nach einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen sind die Grundsätze dieses Urteils zur Telefax-Übermittlung sowohl auf die Umsatzsteuer-Voranmeldung wie auch auf sämtliche Steuererklärungen anzuwenden, für die das Gesetz keine eigenhändige Unterschrift des Steuerpflichtigen vorschreibt. Somit können beispielsweise Lohnsteuer-Anmeldungen und Kapitalertragsteuer-Anmeldungen per Telefax wirksam übermittelt werden, nicht jedoch beispielsweise Einkommensteuererklärungen und Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum.
Anmerkung: Bei Telefaxübermittlungen können sich — trotz modernster Technik — Übermittlungsfehler einschleichen, die sich, wenn die Umsatzsteuer-Anmeldung nicht rechtzeitig abgegeben wird, zu Lasten des Steuerpflichtigen auswirken. Hier sollte auf jeden Fall das Übermittlungsprotokoll des Faxgerätes überprüft und aufbewahrt werden.
Das Finanzgericht München hat mit Beschluss v. 25.01.2003 (14 V 3486/02) entschieden, dass der seit dem 1.4.1999 geltende Ausschluss des Vorsteuerabzugs in Höhe von 20 % der in Rechnung gestellten Steuer gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt, soweit in der Rechnung angemessene, betrieblich veranlasste Bewirtungsaufwendungen des Steuerpflichtigen aufgeführt sind.
Nach den EG-Richtlinien dürfen die Mitgliedstaaten die Vorsteuerausschlüsse beibehalten, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Richtlinie (1.1.1979) in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen waren. Weitere Einschränkungen des Vorsteuerabzugs, abgesehen von denjenigen, die in der 6. EG-Richtlinie selbst vorgesehen sind, sind nicht zulässig. Dies gilt für den durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 eingeführten Vorsteuerausschluss, der sich auf einkommensteuerlich nicht abziehbare Aufwendungen bezieht (darunter fällt auch der 20 %ige Anteil der Bewirtungskosten). Darüber hinaus verstoßen auch weitere, zum 1.4.1999 eingeführte Ausschlüsse vom Vorsteuerabzug gegen Gemeinschaftsrecht. Es geht hierbei um den Vorsteuerabzug aus Fahrtkosten für Fahrzeuge des Personals, wenn sie eindeutig für das Unternehmen des Steuerpflichtigen angefallen sind, sowie aus den betrieblich veranlassten Umzugskosten. Steuerpflichtige können künftig die Vorsteuern aus Bewirtungsaufwendungen, soweit auch alle anderen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind, unter Hinweis auf den Finanzgerichtsbeschluss in voller Höhe geltend machen.
Anmerkung: Der BFH hat bereits bei der Regelung über den Vorsteuerabzug aus Übernachtungskosten den Verstoß gegen die EG-Richtlinien festgestellt. Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung können sich die Unternehmer auf das günstigere Gemeinschaftsrecht direkt berufen.
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 6.6.2002 (V R 43/01) entschieden, dass Geschäftsführerleistungen durch einen Gesellschafter an die Gesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen umsatzsteuerbar sind. Diese Entscheidung stand in Widerspruch zu der bisherigen Rechtsprechung. Das Bundesministerium der Finanzen hat nun reagiert und die entgegenstehenden Regelungen in den USt-Richtlinien mit Wirkung ab 1.7.2003 als nicht mehr anwendbar erklärt.
Ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch zwischen Gesellschafter und Gesellschaft liegt vor, wenn die Geschäftsführungstätigkeit nicht als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust abgegolten, sondern gegen ein vereinbartes (Sonder-)Entgelt ausgeführt wird. Demnach ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung erforderlich.
Praktische Bedeutung hat die Änderung insbesondere für juristische Personen wie die GmbH, die als Gesellschafter-Geschäftsführer einer Personengesellschaft tätig sind. Sie führen Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen grundsätzlich als Unternehmer aus, wenn sie nicht in die Personengesellschaft aufgrund eines Organschaftsverhältnisses eingegliedert sind. Natürliche Personen als Gesellschafter-Geschäftsführer üben ihre Geschäftsführertätigkeit nicht selbstständig aus, wenn sie in die Gesellschaft als Organ eingegliedert sind und sie deren Weisungen zu folgen verpflichtet sind (z. B. durch arbeitsvertragliche Regelungen — Anstellungsvertrag). Als problematisch kann sich die Änderung auch für den Leistungsempfänger erweisen, wenn es sich z. B. dabei um eine vermögensverwaltende KG handelt, die nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Diese neuen vom Bundesfinanzhof entschiedenen Grundsätze sind sowohl bei der Vertragsgestaltung als auch bei der Durchführung zu beachten.
Die Rechtsordnung bürdet ihren Bürgern auf, ihre nächsten Angehörigen finanziell zu unterhalten, wenn diese hierzu nicht selbst in der Lage sind. Dieser Verpflichtung soll durch die Möglichkeit der steuerlichen Abziehbarkeit des am notwendigen Bedarf ausgerichteten Unterhalts Rechnung getragen werden.
Das bürgerliche Unterhaltsrecht mutet es aber einem Unterhaltsberechtigten — von minderjährigen Kindern abgesehen — grundsätzlich zu, sein Vermögen ungeachtet der Art der Anlage ggf. auch durch Substanzverbrauch für seinen Unterhalt einzusetzen. Die Frage, ob der Unterhaltsempfänger über kein oder nur geringes Vermögen verfügt, ist unabhängig von der Anlageart nach dem Verkehrswert zu entscheiden. Es kann keinen Unterschied machen, ob ein Steuerpflichtiger sein Vermögen in Mietwohngrundstücken, Wertpapieren, Kunstgegenständen oder anderweitig angelegt hat.
Grundsätzlich ist auch ein selbst genutztes Eigenheim anzusetzen, und zwar mit dem Verkehrswert. Dies gilt auch dann, wenn dieses Eigenheim vom ihm allein oder zusammen mit Angehörigen, denen es nach seinem Tod als Wohnung dienen soll, ganz oder teilweise bewohnt wird. (BFH-Urt. v. 12.12.2002 — III R 41/01)
Mit der Verwendung so genannter salvatorischer Klauseln soll i. d. R. verhindert werden, dass trotz der Unwirksamkeit einer oder mehrerer Bestimmungen eines Vertrages der ganze Vertrag nichtig ist. Das Gesetz sieht jedoch vor, dass trotz Verwendung der entsprechenden Klausel zu prüfen ist, ob die Vertragsparteien das teilnichtige Geschäft als Ganzes verworfen hätten oder aber den Rest hätten gelten lassen.
Die Richter des Bundesgerichtshofs bestätigen in einem zur Sachlage ergangenen Urteil, dass die weit verbreitete, in der Regel standardmäßig verwendete salvatorische Klausel, nach der ein nichtiges Rechtsgeschäft auch ohne die nichtige Klausel wirksam sein soll, nicht von der o. g. vorzunehmenden Prüfung entbindet.
Bedeutsam ist die Klausel insbesondere für die Zuweisung der Darlegungs- und Beweislast, denn diese trifft denjenigen, der entgegen der Erhaltensklausel den Vertrag als Ganzen für unwirksam hält. Bei Fehlen einer salvatorischen Erhaltensklausel dagegen trägt jene Vertragspartei die Darlegungs- und Beweislast, die das teilnichtige Geschäft aufrecht erhalten will. (BGH-Urt. v. 24.9.2002 — KZR 10/01)
Aufgrund des Klimas und der geographischen Lage kann es in einigen Feriengebieten zu einer Gefährdung der Reisenden durch Naturkatastrophen (z. B. Hurrikan, Erdbeben usw.) oder kriegerischen Auseinandersetzungen kommen. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit dem Reiseveranstalter eine Hinweispflicht obliegt, den Reisenden eine drohende Gefährdung mitzuteilen.
In diesem Zusammenhang führten die Richter des Bundesgerichtshofs in einem Urteil aus, dass z. B. bei einem Hurrikan schon eine Eintreffwahrscheinlichkeit von 1:4 eine erhöhte Gefährdung der Reisenden darstellt und nicht mehr unter das „allgemeine Lebensrisiko“ fällt, jedenfalls wenn sie sich bereits zu einer Vorwarnung konkretisiert habe. Ein Kündigungsrecht der Reisenden und dementsprechend eine Hinweispflicht des Veranstalters besteht deshalb schon dann, wenn mit dem Eintritt des schädigenden Ereignisses mit erheblicher, und nicht erst mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist. (BGH-Urt. v. 15.10.2002 — X ZR 147/01)
Anmerkung für Reisen in Krisengebiete: Über die aktuelle Sicherheitslage der ausgewählten Länder informiert Sie das Auswärtige Amt im Internet unter http://www.auswaertiges-amt.de unter der Rubrik „Länderinfos“.
Der Bundesgerichtshof ist grundsätzlich der Auffassung, dass eine „Einzugsermächtigungsklausel“ in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Kunden nicht unangemessen benachteiligt, wenn es sich um die Abbuchung geringfügiger Beiträge handelt oder wenn es um größere Beträge geht, die in regelmäßigen Abständen und in gleichbleibender, von vornherein feststehender Höhe eingezogen werden.
Für den Fall, dass die abzubuchenden Beträge (z. B. bei Mobilfunkanbietern) stark schwanken und eine entsprechende „Einzugsermächtigungsklausel“ in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist, haben die Richter des Bundesgerichtshofs Folgendes entschieden:
„Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Anbieters von Mobilfunkdienstleistungen enthaltene Klausel, wonach Kunden, die sich für einen bestimmten Tarif entscheiden, zur Begleichung der Rechnungsbeträge am Lastschriftverfahren (Erteilung einer Einzugsermächtigung) teilnehmen müssen, benachteiligt die Kunden dann nicht unangemessen, wenn durch eine entsprechende Klauselgestaltung sichergestellt ist, dass dem Kunden zwischen dem Zugang der Rechnung und dem Einzug des Rechnungsbetrags ausreichend Zeit — mindestens fünf Werktage — verbleibt, die Rechnung zu prüfen und gegebenenfalls für ausreichende Deckung seines Girokontos zu sorgen.“ (BGH-Urt. v. 23.1.2003 — III ZR 54/02)
Der rechtliche Rahmen von Zeitmietverträgen, die ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit begründen, ist mit dem Mietrechtsreformgesetz grundlegend umgestaltet worden. Demnach kann ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit nur noch dann eingegangen werden,
wenn der Vermieter nach Ablauf der Mietzeit die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts nutzen will,
in zulässiger Weise die Räume beseitigen oder so wesentlich verändern oder instand setzen will, dass die Maßnahmen durch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses erheblich erschwert würden oder
die Räume an einen zur Dienstleistung Verpflichteten vermieten will.
Besteht jedoch keine wirksame Befristung gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und unterliegt den üblichen Kündigungsfristen.
Der Mieter kann vom Vermieter frühestens vier Monate vor Ablauf der Befristung verlangen, dass dieser ihm binnen eines Monats mitteilt, ob der Befristungsgrund noch besteht. Bei verspäteter Mitteilung kann der Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses um den Zeitraum der Verspätung fordern.
Tritt der Grund der Befristung erst später ein, so kann der Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses um einen entsprechenden Zeitraum verlangen. Entfällt der Grund sogar, steht dem Mieter eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit zu.
Die Beweislast für den Eintritt des Befristungsgrundes und die Dauer der Verzögerung trifft den Vermieter. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Viele Unternehmen entschließen sich ihren Mitarbeitern zusätzlich zum Arbeitsentgelt so genannte freiwillige soziale Leistungen (z. B. die Zahlung einer Jubiläumszuwendung) zu gewähren. Diese Entscheidungen werden in aller Regel in einer Phase positiver wirtschaftlicher Entwicklung getroffen. In wirtschaftlich angespannter werdenden Zeiten überlegt sich jedoch manch ein Unternehmer die Zusage dieser Leistungen zu widerrufen. Ein solcher Widerruf ist allerdings nicht in jedem Fall ohne Weiteres möglich.
In einem Urteil entschieden die Richter des Bundesarbeitsgerichts, dass die Bezeichnung von Zuwendungen als „freiwillige Sozialleistung“ — z. B. aus Anlass eines Jubiläums — nicht den Schluss zulassen, dass die Zusage unter einem Widerrufsvorbehalt steht. Diese Bezeichnung bringt nach Auffassung der Richter für den Arbeitnehmer nicht unmissverständlich zum Ausdruck, dass sich der Arbeitgeber vorbehält, sich grundsätzlich frei von der gegebenen Zusage zu lösen. Vielmehr kann die Aussage auch so verstanden werden, dass sich der Arbeitgeber „freiwillig“ zur Erbringung der Leistung verpflichtet, ohne dazu durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz gezwungen zu sein.
Es empfiehlt sich daher für den Arbeitgeber, in seiner Erklärung gegenüber den Arbeitnehmern unmissverständlich deutlich zu machen, wenn er sich den Widerruf einer zugesagten Sozialleistung vorbehalten, also eine vertragliche Bindung verhindern will. So kann er beispielsweise die Leistung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ oder „jederzeit widerruflich“ in Aussicht stellen. (BAG-Urt. v. 23.10.2002 — 10 AZR 48/02)
Für Unternehmen, die in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer beschäftigen – sog. Kleinbetriebe -, gelten nicht die Vorschriften des allgemeinen Kündigungsschutzes. Daher bedarf eine Kündigung in einem Kleinbetrieb zu ihrer Wirksamkeit keines besonderen Grundes. Sie kann jedoch nach Meinung der Richter des Bundesarbeitsgerichts nach Treu und Glauben unter weiteren Voraussetzungen unwirksam sein.
Stützt sich beispielsweise der Arbeitgeber des Kleinbetriebs auf betriebliche Umstände und kommt eine Auswahl zwischen mehreren Arbeitnehmern in Betracht, so ist die Kündigung rechtsmissbräuchlich und unwirksam, wenn schon auf den ersten Blick erkennbar ist, dass der Arbeitgeber ohne entgegenstehende betriebliche Interessen einem Arbeitnehmer kündigt, der erheblich schutzbedürftiger als vergleichbare nicht gekündigte Arbeitnehmer ist. (BAG-Urt. v. 6.2.2003 — 2 AZR 672/01)
Auszubildende (Azubi) sind nach dem Berufsbildungsgesetz für die Teilnahme am Berufsschulunterricht freizustellen. Für die Zeit der Freistellung ist dem Azubi die Vergütung fortzuzahlen. Überschreitet die Dauer des Berufsschulunterrichts die an diesem Tag zu leistende Ausbildungszeit, ist die darüber hinaus für die Teilnahme am Berufsschulunterricht aufgewendete Zeit bei volljährigen Azubis nicht auf die wöchentliche Ausbildungszeit anzurechnen und somit nicht zu vergüten.
Eine entsprechende Anrechnungsvorschrift findet sich lediglich im Jugendarbeitsschutzgesetz und ist demnach nur auf Auszubildende unter 18 Jahre anzuwenden. (BAG-Urt. v. 13.2.2003 — 6 AZR 537/01)
Eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit im selben Handelszweig bzw. Gewerbe wie der Arbeitgeber — auch wenn sie unentgeltlich ausgeführt wird — stellt i. d. R. einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar.
Es liegt jedoch erst dann eine verbotene Wettbewerbstätigkeit des Arbeitnehmers vor, wenn sie durch den Umfang und die Intensität die Interessen des Arbeitgebers in seinem Marktbereich spürbar beeinträchtigt.
Hinnehmen muss der Arbeitgeber i. d. R. einmalige oder nur ganz sporadisch ausgeübte reine Freundschaftsdienste in seinem Marktbereich, wenn diese den arbeits- und wertmäßigen Umfang einer geringfügigen Gefälligkeit nicht übersteigen und unentgeltlich durchgeführt werden. Mangels spürbarer Beeinträchtigungen der Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers kann in solchen Fällen nicht von einer verbotswidrigen Wettbewerbstätigkeit ausgegangen werden. (LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 3.12.2002 — 5 Sa 299b/02- rkr.)
Keine automatische Mitversicherung von Kindern in der gesetzlichen Krankenversicherung bei privat versichertem Elternteil
Das Bundesverfassungsgericht bestätigt mit seinem Urteil v. 12.2.2003 (1 BvR 624/01), dass es nicht gegen das Grundgesetz verstößt, wenn die Kinder von Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen nicht beitragsfrei familienversichert sein können.
Nach geltendem Recht sind die Kinder von Ehegatten nicht beitragsfrei familienversichert, wenn nur ein Elternteil Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, und das Einkommen des privat krankenversicherten Elternteils sowohl das Einkommen seines Ehegatten als auch die Jahresarbeitsentgeltgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung (2003: 3.450 Euro) übersteigt.
Auch den Umstand, dass die Kinder der Partner nicht ehelicher Lebensgemeinschaften unter den gleichen Voraussetzungen familienversichert sein können, hat das Gericht nicht als Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot oder das Gebot des Schutzes von Ehe und Familie angesehen. (BVerG-Urt. 12.2.2003 — 1 BvR 624/01)